Warmhaltige Beute und Harmonischer Bien

Sigrun Mittl, Dipl.-Biol., bienen-dialoge.de, Fürth März 2017

Gerstung, Zander, Rheinheimer, Thür und andere haben schon vor über 100 Jahren für die Warmhaltigkeit der Beuten und der Erhaltung der Harmonie des Bien beim Imkern plädiert. Leider wurden diese wichtigen Argumente mit der Zeit vergessen. Mein Anliegen ist es, diesen Schatz für die Diskussionen heute wieder verfügbar zu machen.

1.         Die Harmonie in der Wintertraube

1.1       Wie bildet sich die Wintertraube, sobald die Kälte kommt

„Sobald die Kälte in solcher Stärke auf den Bienenkörper eindringt, daß wegen der Empfindlichkeit des zarten Bienenorganismus eine Abwehr schon nötig wird, so ziehen sich zunächst die Bienen von da zurück, von wo aus die Kälte am meisten auf sie eindringt, von den äußersten unteren Wabenrändern. Dadurch wird aber sogleich ein dreifacher Vorteil errungen: Der Bienorganismus wird zunächst an seiner Peripherie durch engen Zusammenschluß der ältesten Bienenschichten (Hautbienen) ein dichterer und damit ein besserer Wärmeerhalter; der Bienorganismus, welcher bisher mehr einem elliptischen oder eiförmigen Körper glich, gewinnt durch das Zusammenziehen von unten seine mehr kugelförmige Gestalt, welche bekanntlich von allen Körpern bei größtem Rauminhalt die geringste Oberfläche hat und somit der Wärmeausstrahlung und der Kälteeinstrahlung die kleinste Fläche, bezüglich die wenigsten Angriffspunkte darbietet, und die durch die Bienen verlassenen Zellen des Wachsgebäudes bilden außerdem nunmehr eine Verschanzung und einen Schutz nach innen und ein Bollwerk nach außen, die zahlreichen leeren Zellen sind ja die denkbar schlechtesten Wärmeleiter, welche die etwa vom Bienkörper dennoch ausstrahlende Wärme so lange als nur möglich noch in der Nähe des Bienkörpers festhalten und dem Eintritt und Nahekommen der äußeren kalten Luftschichten den allerbesten Widerstand entgegenstellen. Tritt härtere Kälte ein, so wird dieser Rückzug weiter fortgesetzt, unter Umständen werden auch die beiden äußersten Wabengassen vorn und hinten preisgegeben und das Volumen des Bienkörpers außerdem auch noch durch Einschlüpfen der jungen Bienen in die leeren Zellen im Innern des Bienensitzes möglichst vermindert. Damit wird aber ein sehr großer Erfolg erzielt, denn zwischen dem immer kleiner werdenden Wärmekörper und dem andringenden Feinde entsteht ein immer größerer Zwischenraum, welcher durch die wie ein Winterpelz wirkenden leeren Zellengürtel ausgefüllt wird. Außerdem sind die Hautbienen um so leichter und besser im Stande, die edlen inneren Organe des Bienkörpers, den Eierstock und den Brutapparat, die jungen Brutbienen, durch immer dichtere Umhüllung zu schützen, je kleiner die Bienenkugel wird, also jede Verminderung des Volumens des Biens erhöht nach allen Seiten hin die Sicherheit des Biens, zumal wenn durch das Zurückweichen vor der Kälte immer mehr leere Zellengürtel um den Bien zu stehen kommen. Wir können den Bien im Winter vergleichen mit einem mit Luft gefüllten Gummiballe. Tritt Kälte ein, so zieht sich der Ball gleichmäßig auf allen Punkten zusammen, er erhält eine kleinere Oberfläche, da die Luft im Innern durch Verkühlung dichter wird und darum zusammenziehend wirkt. Tritt dagegen Erwärmung ein, so dehnt sich der Ball von innen her aus. Man hat darum den Bien ein sphärisches Thermometer genannt, an dessen Oberfläche und Raumausdehnung man die Temperatur messen kann, sowohl die Außentemperatur, wie auch die Temperatur im Innern der Völker. Man hat wohl hier die Frage aufgeworfen, wie es kommt, daß die Bienen eines Volkes, wenn irgend möglich, sich immer im Winter zu einer größeren oder kleineren Kugel formieren? Die Antwort liegt nahe: Wenn man auf einen zähflüssigen Körper, z. B. einen weichen Thonkloß, von allen Seiten gleichmäßig drückt, zumal bei gleichzeitigem Umdrehen, so entsteht mit mathematischer Sicherheit zuletzt eine Kugel. So wird der Bien durch die von allen Seiten andringende Kälte zur Kugel zusammengedrückt. Zu diesem Drucke von außen gesellt sich aber noch eine sehr starke magnetische Kraft von innen, das ist die gerade im Zentrum des Biens am höchsten gesteigerte Wärme, über deren Erzeugung, Verwendung und Organisation wir später noch eingehender sprechen müssen. So drückt die Kälte von außen und zieht die Wärme von innen alle Glieder des Biens so, daß schließlich eine korrekte Kugel entsteht, die mathematisch günstigste Form für jede Verteidigung gegen Angriffe, die mathematisch günstigste Gestalt auch für den überwinternden Bien in seinem Kampfe gegen die Kälte.“ [1]

1.2       Die Harmonie einer Wintertraube

„Wie die Anordnung der Brutkreise den verschiedenen Schichten einer Zwiebel entspricht, so auch die Gruppierung der Bienenvolksschichten. Mögen einzelne Abweichungen durch irgendwelche Umstände vorkommen, so ist der Bienenkörper doch stets so geordnet, daß die jüngsten Bienen das Zentrum bilden und daß sich um dieses Zentrum die fortlaufend älteren Bienen herumschichten, bis endlich die ältesten, die Trachtbienen, als Hautbienen den ganzen Bienenkörper schützend und verteidigend umgeben. Den einheitlichen Mittelpunkt dieses Bienenvolkskörpers bildet die Königin. Wie bei der Brutentwickelung die Eier vom Zentrum nach der Peripherie zu sich ausdehnen, so durchschreiten die jungen Bienen, vom Zentrum ausgehend, indem sie älter werden, alle Altersgürtel nach der Peripherie zu, bis sie schließlich Hautbienen werden und in dem bei dem Bienenkörper sich fortwährend vollziehenden „Mauserungsprozeß“ absterben. Noch deutlicher können wir uns die Anordnung der Glieder des Bienorganismus im Wintersitze vorstellig machen, wenn wir den Bien vergleichen mit einem Knäuel Garn. Die Königin ist der Kern, um welchen nach allen Richtungen hin die Bienglieder in ununterbrochenem Faden oder wie eine vielgliedrige Kette, von der jüngsten Biene beginnend und bei der ältesten aufhörend, gleichmäßig aufgewickelt werden. So kommt es, daß in jeder Bienengasse in der Mitte der bienenbesetzten kreisförmigen Fläche die verhältnismäßig jüngsten sich befinden, dagegen nach der Peripherie zu die Bienen fortschreitend älter werden, ebenso verhält es sich aber auch, wenn wir einen Querschnitt durch die Tiefe der Bienenkugel machen, dann sitzt im Zentrum die Königin mit den jüngsten Bienen und an derselben Stelle in den Nebengassen folgen dann die nächst älteren, bis in den äußersten besetzten Wabengassen die ältesten Bienen folgen. Wer diese‘ eigenartige Gruppierung und Anordnung der verschiedenen Altersklassen oder -gürtel des Bien nicht berücksichtigt, der versteht auch nicht, wie es der Bien fertig bringt, so gewaltigen Feinden gegenüber, wie 25—30° Kälte, dennoch nicht nur seine Existenz anscheinend ohne sonderliche Anstrengung zu behaupten, sondern sich auch die volle Fortpflanzungskraft durch den Winter hindurch bis zum Frühling zu erhalten.“ [1]

1.3       Zehrung der Wintertraube vom Honig

„Läßt die Tracht nach, dehnen sich die Brutflächen erneut, bis die ganz verschwindende Tracht die Bruttätigkeit zum Stillstand bringt und die letzte Brut gegen Ende September ausläuft. An dieser letzten Brutstelle ziehen sich dann auch die Bienen zur Winterkugel zusammen, die dann als Ganzes dem Futter geschlossen nachrückt, in hohen Waben nach oben, in niedrigen nach hinten, immer weiter vom Flugloch ab. Diese Wanderung der Winterkugel oder Traube geht in der kalten Winterzeit nur innerhalb der Wabengassen vor sich, nicht aber von einer Gasse in die andere, was bei großer Kälte nicht möglich ist. Nur wenn die Kälte nachläßt, können Verschiebungen mittels vorhandener kleiner Durchgänge an oder in den Waben möglich werden, falls diese Durchgänge sich innerhalb der Traube befinden. Deshalb muß in jeder besetzten Gasse stets soviel Futter vorhanden sein, daß der Vorrat bei großer Kälte nicht erschöpft werden kann, sonst würde das Volk verhungern, auch wenn die unbesetzten Nachbargasse noch voll von Futter wäre. Die Gesetze dieser Nestordnung müssen dem Imker als unantastbar gelten und bei allen Eingriffen in das Volk beachtet werden.“ [2]  Im Januar, Februar oder gar erst März beginnt die Königin wieder mit der Eiablage. Die Winterkugel dehnt sich langsam aus. Erreicht die Temperatur dann schon mal über 7 Grad, „(…) geht es wie ein Aufatmen durch die ganze Winterkugel, sie lockert sich gewaltig auf, die Bienen verteilen sich über die Waben, tragen aus den entfernter liegenden vollen und verdeckelten Futterzellen das Futter nach innen und gehen auch auf die Nachbarwaben über, was ihnen vorher nicht möglich war, ohne vor Kälte zu erstarren.“ [2]

„Zunächst müssen wir, wie schon weiter oben dargestellt, berücksichtigen, daß im Mittelpunkt der Winterkugel des Biens die Königin, also das Lebenszentrum, die Trägerin des Eierstockes mit den am meisten Wärme bedürfenden Eikeimen sitzt, dort ist also auch das naturgemäße Zentrum der Wärme und der Wärmeerzeugung. Um den Eierstock herum aber sind die jüngsten Bienen gruppiert, welche nicht nur das nächsthöchste Wärmebedürfnis haben, sondern auch den allerregsten  Stoffwechsel, durch welchen ja in erster Linie Wärme entsteht, denn je reger der Stoffwechsel, d. h. der Umsatz der Nahrung in Bildungsmaterial des Bienenkörpers, um so größer ist auch die Wärme, welche durch diesen Stoffwechsel erzeugt wird. Das ist die allerstärkste chemisch-physiologische Wärmequelle des Biens. Diese jungen Bienen haben aber auch das dichteste Haarkleid, sodaß thatsächlich ihre Haare wie ein Pelz wirken, in dessen eingeschlossener Luft die Wärme beisammen gehalten und vor schneller Ausstrahlung bewahrt wird. Nach außen zu, d. h. nach der Oberfläche der Bienenkugel hin, folgen dann die älteren Bienenglieder, welche weniger Wärme brauchen, aber auch weniger, als sie brauchen, produzieren, sodaß sie sich so dicht wie möglich um das Wärmezentrum anschließen, um von da aus den Mehrbedarf an Wärme zu beziehen. Den Abschluß bilden die ältesten, am allerwenigsten Wärme bedürfenden und produzierenden Hautbienen, welche, was ihnen fehlt, nun erst recht vom Wärmezentrum zu erlangen suchen, sich also recht fest an den warmen Kern „anzusaugen“ bestrebt sind. Diese ältesten Bienen aber sitzen bei regelrechter Verfassung des Wintersitzes unmittelbar an den gefüllten Honigzellen, sodaß sie aus denselben das nötige Heizmaterial entnehmen und den jüngeren Gliedern nach innen zu verabfolgen können. […](mehrere Seiten dazwischen…) Zunächst braucht der Bien gar nicht mehr zu zehren, sondern, wie wir schon gesehen haben, zieht er sich nur zu einer kleinen Kugel zusammen, die bei gleichem Heizstoffbedarf so leicht zu erwärmen ist, als eine größere Kugel bei geringerer Kälte. Sobald aber die Grenze der Zusammenziehung erreicht ist, muß der Bien zu der chemisch-physiologischen Hilfsquelle greifen, durch gesteigerte Atmung mehr Kohlenstoff in Wärme zu verwandeln, schließlich wendet er auch noch das mechanische Mittel des sogenannten Brausens, d. i. der Flugbewegung an, offenbar um etwas erwärmte Luft dicht um die Hautbienen herum zu legen, also eine gemäßigte Zone um die Bienenkugel zu bilden, welche der eindringenden scharfen Kälte verwehrt, den Bien selbst zu berühren. Die Tatsachen zeigen uns, daß ein Bien selbst im strengsten Winter in kürzester Zeit offenbar nur durch gesteigerte Atmung und Bewegung eine Wärme erzeugen kann, über die wir staunen möchten. Und, wenn im zeitigen Frühjahre Brut eingeschlagen wird und es kommen dann noch sehr kalte Zeiten, wie sicher funktioniert doch auch da der Wärmemechanismus im Bien, freilich unter sehr gesteigertem Honigverbrauche, doch liegt die Erklärung dieser Vorgänge schon über die Grenze dieser Abhandlung hinaus. Auf eine sehr wichtige Schlußfolgerung aus dieser Erörterung möchten wir jedoch noch hinweisen: Der Bien vermag sofort durch gesteigerte Atmung höhere Wärme zu erzeugen — aber das geht stets nur vor sich aus Kosten der Honigvorräte. […](Mehrere Seiten dazwischen…) Wir haben schon öfter aus dem Winterbienenknäuel eine Imme entnommen, um dieselbe zu untersuchen. Fast jedesmal fanden wir in der Honigblase ein Tröpfchen Honig vor, (…). Nach unserer Annahme zehren die Bienen nicht immerfort, sondern sie nehmen in längeren Abschnitten größere Portionen Honig zu sich und zehren dann davon, (…). Vielleicht nehmen die Völker eingangs des Winters so viel Heizmaterial an Honig in sich auf, als sie brauchen bis zu der Zeit, wo die beginnende Brut vermehrte Zehrung erfordert. (…). Ein bis zwei Pfund Honig, was ist das unter so viele Glieder eines Volkes, davon werden die Honigblasen noch nicht halb gefüllt, — und viel mehr zehrt ein Volk in den Monaten November und Dezember nicht unter gewöhnlichen Verhältnissen. Die Zehrung beginnt erst mit dem neuen Jahre zu steigen und steigt immer weiter entsprechend der zunehmenden Brut und etwa eintretender recht strenger Kälte.“ [1]

2.         Die Harmonie zwischen Königin und Bienen

2.1       Das harmonische Verhältnis von Königin und Bienenmasse

„Teile ich im Spätherbst einer älteren Königin noch recht viele junge Bienen bezügl. auslaufende junge Brut zu, vielleicht aus kassierten Stöcken, so wird dadurch in dem Brutbienenkörper nicht nur selbst, sondern auch in dem Verhältnis der Königin zu dem nunmehr ganz veränderten Bienenvolk eine schädliche Disharmonie entstehen. Die zahlreichen jungen Bienen bilden dann einen größeren Kern in der Winterkugel, als die vorhandenen Hautbienen bedecken können und sobald im Frühjahr der erste Bruttrieb erwacht, zeigt sich auch das Mißverhältnis zwischen dem Eifer der künstlich vermehrten Brutbienen und dem älteren Eierstock, welcher‘ diesem Eifer nicht durch eine regere Eierlage genügen kann. Daß hierdurch auch die so zweckmäßig in einem normalen, d. h. ungestörten Volke geregelte Wärmeökonomie des Biens, auf welcher vorzüglich die gute Ueberwinterung mit beruht, sehr zum Schaden der Bienen gestört wird, lassen wir hier zunächst unberücksichtigt, da wir später auf diesen überaus wichtigen Punkt noch ausführlich zu sprechen kommen. Ein ähnliches Mißverhältnis entsteht in einem Volke mit junger Königin, dem man jüngere Bienen entzogen hat: da kann dann das Brutvolk dem Eifer der Königin nicht folgen und das Ende ist Einknäueln und Töten der Königin im Frühjahr, oder frühzeitiges Erschöpfen der Kräfte der Brutbienen und vorzeitiges Absterben derselben, schließlich Untergang des Volkes. Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß sich der Bien während des Winters — alle übrigen Bedingungen einer guten Ueberwinterung als vorhanden angenommen — sicher am wohlsten fühlen wird und sich am besten selbst gegen verderbliche Einflüsse wird schützen können, wenn sowohl Königin und Brutbienen, wie auch die verschiedenen Altersklassen zu einander in dem vom Schöpfer vorgesehenen, naturgemäßen und so zweckmäßig geordneten Verhältnisse stehen. Daher unsere erste Forderung:

Sollen die Völker gut überwintern, so muß in ihnen die naturgemäße Harmonie bestehen zwischen Königinnen und Brutbienen, und unter den Brutbienen das rechte Mischungsverhältnis zwischen jüngeren und alten Bienen, damit der Bienenorganismus in seiner ursprünglichen und, wie wir sehen werden, höchst heilvollen Gestalt dem Winter gegenüber treten kann.“ [1]

2.2       Auswirkungen eines unharmonischen Verhältnisses von Königin zu Bienen im Herbst

„Wie schlimm die Folgen zu später Eingriffe  in den Bienorganismus sein können, hat die Ueberwinterung des Jahres 1900 bis 1901 gezeigt. Der Spätsommer 1900 war nicht günstig gewesen. Zahlreiche Völker weiselten im August noch um, viele wurden infolge ungünstiger Witterung in der Befruchtungsperiode weisellos. Da hat sich mancher Imker gezwungen gesehen, im September noch die Völker neu zu beweiseln. Dann setzte der Winter bald und sehr scharf ein. Als am 26. Januar 1901 ein Ausflug möglich wurde, zeigten diese Völker zahlreiche Tote, dann folgte ein grimmiger Nachwinter, welcher bis in den April hinein andauerte, sehr geschwächt schon hielten diese Völker ihren Reinigungsausflug; einige zeigten Ruhrerscheinungen, und als die Blütenpracht des Frühlings sich aufthat, da schmolzen diese Völker hin, wie Butter an der Sonne, schließlich saßen die Königinnen mit einigen Hundert Bienen auf verhältnismäßig umfangreichem Brutnest, aber alles war dem Tode geweiht, Königin, Bienen und Brut, und der Imker wußte nicht, wie das so hat kommen können, — wir haben da gar manchem Aufschluß erteilt, wie das so hat kommen müssen. Da haben viele Imker aus bitterböser Erfahrung gelernt, daß die Harmonie des Biens im Innern die erste und unerläßlichste Voraussetzung einer guten Ueberwinterung, und, darauf sich gründend, einer erfreulichen Frühjahrsentwickelung ist. Bei Stabilbetrieb, bei welchem die Bienen mehr sich selbst überlassen und dadurch vor Störung der ihnen anerschaffenen Ordnung bewahrt bleiben, sind die Winterverluste zumeist Folgen von schlechter oder unzureichender Nahrung, Ruhr und Hunger sind die Mörder der Bienen. Nach unserer Erfahrung ist dies bei dem Mobilbetrieb anders, aber nicht besser geworden, da gehen außer an Hunger oder Ruhr sehr viele Völker an innerer Unruhe und deren ähnlichen Folgen zu Grunde, an unnötig erhöhter Zehrung und dergleichen, und diese Unruhe ist selbst die natürliche und unausbleibliche Folge der durch den Imker erst irgendwie verursachten Disharmonie in den Völkern zu einer Zeit, da es dem Bien nicht mehr möglich ist, die hervorgerufenen Mißverhältnisse wieder auszugleichen. Der Mobilimker ist nur zu leicht geneigt und versucht, spät im Herbst noch, wenn er merkt, daß manche Völker zu volksschwach sind, Bruttafeln und Bienen aus kassierten Stöcken beizugeben; wenn er eine zu alte Königin findet, sie noch schleunigst durch eine junge zu ersetzen. Er merkt es dabei oft gar nicht, wie sehr sich die Völker gegen solch eine zur Unzeit und zu ihrem Unheile ihnen aufgezwungene neue Mutter wehren, wie schwer im Spätjahr die Bienen sich umweiseln lassen. Da muß erst der Bien in den saueren Apfel beißen — aber gleich darauf kommt der Imker daran, der durch sein bienenwidriges Verhalten sich selbst geschadet hat. Darum unser Rat: Suche deine Völker im Laufe des Monats August vollständig zur Einwinterung vorzubereiten, damit in dieser Zeit die etwa noch notwendig gewordenen Störungen von den Völkern wieder überwunden werden können und die Bienen in dem Zustande völliger Ordnung und Harmonie in den Winter eintreten.“ [1]

3.         Überwinterungsfähigkeit und Wabenwerk

3.1       Dicke Wände und/oder ein umfangreicher Wabenkörper als Wärmeschütz für den Winter?

„Zunächst müssen wir da die so weit verbreitete Meinung als durchaus irrig und verkehrt fallen lassen, als ob nur durch etwa 10 oder 15 cm dicke Wandfüllungen die Kälte von den Bienen abhalten könnten. Die harten Winter der Jahre 1890/91, 1894/95 und 1900/01 haben uns durch die Thatsachen bewiesen, daß selbst eine 11/2 m dicke Mauer nicht imstande ist, eine Kälte von 20—25 ° abzuhalten, wie viel weniger eine 1 dcm starke Füllung aus irgendwelchem warmhaltigen Material hergestellt. Das ist freilich eine Wahrheit, die zur Zeit den wenigsten Imkern in den Kopf will. Obgleich sie fast alljährlich bei Eintritt von Tauwetter ganze Bächlein Wasser von den Eisgletschern, welche sich trotz 15 cm starker Wand im Innern der Bienenwohnung gebildet haben, durch das Flugloch hinausfließen sehen, so gilt der Satz, daß wir durch dicke Stockwände die Bienen vor dem Tode durch Erfrieren schützen können und müssen, doch als eine so selbstverständliche Wahrheit, daß der als närrisch angesehen wird, der da wagt, diese unumstößliche Wahrheit, auf der ja die ganze gegenwärtige Konstruktionslehre über Bienenwohnungen sich aufbaut, in das Reich des Imkeraberglaubens zu verweisen. Wir behaupten aufgrund von Erfahrungen, daß wir durch die Wandungen der Beute, auch wenn wir dieselben noch so stark machen, den Bienen in ihrem Kampfe mit der Kälte sicherlich nur den geringsten Dienst leisten. Wir verwerfen zwar diese kleine Hilfe nicht, aber wir dürfen uns auf dieselbe auch nicht verlassen. Dagegen werden wir mit Naturnotwendigkeit auf eine andere hochbedeutsame Erkenntnis hingeleitet, welche unseres Wissens bisher nur in der Schweiz schon praktische Befolgung und Verkörperung gefunden hat: Die Bienen bedürfen zu einer guten Überwinterung möglichst große und durch keine Fremdkörper, Rahmenhölzer, Zwischenräume u. dergl. unterbrochene Wachswaben, damit sie sich recht tief vor ihrem Feinde in die sie gegen denselben am allerbesten schützende Wachszellenburg zurückziehen können, denn nur die leeren, den Bien ringsumgebenden leeren Zellengürtel sind der Winterpelz, welchen der Schöpfer dem Bien als bestes Schutz- und Trutzmittel gegen die Kälte verliehen hat und welcher für sich allein, ganz abgesehen von irgend einem sonst noch dem Bien zur Verfügung stehenden Schutze  (vorausgesetzt, daß die nötige Nahrung an rechter Stelle vorhanden ist), genügt, ihn vor dein Untergange zu bewahren. Darum wollen wir doch endlich uns lossagen von der Ueberschätzung der Bienenwohnungswände oder anderer von uns den Bienen darzubietenden Schutzmittel für den Winter gegen die Kälte und unser Augenmerk vielmehr auf die vorzüglichste, dem Bien anerschaffene Schutzvorrichtung, das Wachsgebäude, hinwenden, um dieses in einer den Bedürfnissen des Biens im Winter entsprechenden Gestalt zur Verfügung zu stellen, d. h. in entsprechend großen Waben in zureichender Anzahl. Als beste Begründung können wir die vollständig frei hängenden und ohne jede Umhüllung ausschließlich in ihrer Wachszellenburg überwinterten Völker anführen, welche versuchsweise hie und da, z. B. in Bubentsch bei Prag, jahrelang erhalten worden sind. Dieselben hatten ihre Zellenburg an einer Decke des Bienenhauses frei aufgeführt und haben, trotzdem sie keine schützende Wohnung, nicht einmal ein schützendes Tuch um sich hatten, dennoch tadellos überwintert, haben sich auch im Frühjahr herrlich entwickelt und auf dem Höhepunkte der Entwickelung wacker geschwärmt. Diese Völker hätten doch nach der Lehre der alten Schule über die „Warmhaltigkeit“ der Wohnung vorschriftsmäßig sterben müssen, aber sie sind kerngesund durch den Winter gekommen, offenbar, um zu beweisen, daß die organische Auffassung des Biens und der darauf gegründeten Lehre der rationellen Ueberwinterung die richtige ist. — Dagegen haben die harten Winter der letzten Jahre geradezu verheerend gewirkt auf den Bienenständen Deutschlands, auf denen die Bienen auf kleinen Wachsflächen, welche dazu auch noch durch Hölzer und Zwischenräume unterbrochen waren, überwintern mußten, obgleich noch so starke Wohnungswände den Bien im Winter vor dem Untergange bewahren sollten. Die harten Winter haben nachdrücklicher als es durch Wort und Schrift möglich ist, gelehrt, daß der genügende Wachszellenbau der vorzüglichste Schutz des Biens im Winter ist, den wir mit Recht „den Winterpelz“ des Biens genannt haben. Wir meinen daher, daß die Forderung großer fremdkörperfreier Wachszellenkörper so ganz und gar aus der rechten Erkenntnis des Wesens und des Verhaltens der Bienen im Winter hergeleitet ist, daß niemand mehr etwas dagegen vorzubringen vermag, der nur das Bienenwesen recht kennt und seine Bedürfnisse versteht. Zahlreiche Thatsachen widerlegen die gegenteilige Ansicht, daß die Bienen im engen Räume und Wachsbaue am besten gegen die Kälte geschützt seien, denn je enger der Raum, um so näher rückt die Kälte dem Bien gefahrdrohend auf den Leib. Mitunter kommt es zumal bei Normalmaßbeuten vor, daß die Bienen, den Honigvorräten nachgehend, an das Fenster gelangen, und jedesmal giebt es dann große Volksverluste. Die Ursache? Die Bienen haben zwischen sich und der Kälte keine schützenden Zellen mehr, daher suhlen sie sich und sind tatsächlich wehrlos ihrem Feinde gegenüber. — Ebenso ist dies der Fall bei Schwärmen mit unvollständigem Baue, bei welchen selbst im Winter noch Bienen an den unteren Wabenrändern sitzen müssen, da giebt es aus demselben Grunde ebenfalls viele Tote und Malade. Dagegen zeigt der Lüneburger Stülper trotz seiner geringen Wandstärke dennoch, die beste Ueberwinterung. Das Bienenvolk kann sich in diesem Stocke, seinem Wesen und seinen Trieben ungehindert folgend, als Kugel im warmen gewölbten Haupte zusammenziehen und erhält dadurch nach unten, rechts und links und nach vorn und hinten zu genügende leere Zellengürtel, welche auf vorzüglichste Weise seine eigenen Verteidigungsmaßregeln unterstützen und wirksam machen.“ [1]

3.2       Wie wirkt sich ein zu kleines Wabenwerk auf die Überwinterungsfähigkeit der Bienen aus und wie ein an die Bienenmasse angepasstes?

„Nehmen wir einmal an, wir hätten ein normales Volk, welches im Herbste neun Gassen belagerte, eingewintert. Nach der ersten kalten Nacht hat dasselbe die beiden äußersten Gassen verlassen und als der Winter wirklich Ernst machte, ist das Volk nochmals um zwei Gassen gewichen, sodaß es in dichtem Winterknäuel nunmehr fünf Wabengassen besetzt. Auch von unten her hat sich selbstverständlich das Volk nach oben zurückgezogen, es will ja, seiner Natur folgend, im Winter sich „kugeln“. Wie bekannt, ist bei einer Kugel der Durchmesser überall gleich. Sitzt das Volk in fünf Wabengassen, so beträgt der Durchmesser wenigstens 17—18 cm. Nehmen wir an, daß das Volk 7—10 cm von der Decke entfernt am Honig sitzt, so bleiben demselben da, wo der Feind, namens Kälte, am heftigsten eindringt, am Boden der Beute höchstens 7—8 cm schützende Zellen, an den Seiten dagegen hüben und drüben höchstens je 1 ½ —2 cm Zellenfläche. Da hat das Volk auch fast gar keine schützende Zellenschicht zwischen sich und der kalten Stockwand und ist demnach dem Eindringen der Kälte völlig preisgegeben, es muß die andringende Kälte durch direkte, möglichst gesteigerte Ausstrahlung der Eigenwärme zu überwinden suchen, und welche Anstrengungen das einem Volke bereitet, werden wir später zugleich mit den schlimmen Folgen betrachten. Da entgegnen wohl die Verteidiger des Normalmaßes und anderer engen Bienenwohnungen, die klugen Bienen ziehen sich dann ganz einfach von der kalten Stockwand zurück, besetzen vielleicht eine Gasse mehr und überwintern auf beste Weise in Gestalt eines der Länge des Stockes nach gelagerten Eikörpers. Sehr gut, edler Normalmaßmann! aber das ist es ja gerade, was die Bienen im Winter zu vermeiden suchen, indem sie von der Eiform zur Kugelform übergehen, da in der Eiform eine weit größere Oberfläche des Volkskörpers der Wärmeausstrahlung preisgegeben ist, außerdem aber auch die strenge Anordnung des wärmeproduzierenden Volkskörpers, durch welche gerade die Anstrengung der Bienen bei der Wärmeerzeugung auf das geringste Maß beschränkt wird, aufgehoben werden muß und schließlich den Hautbienen die schützende Bedeckung der „inneren Organe“ des Bienenkörpers erschwert wird, sodaß hie und da die Brutbienen allen Unbilden der andringenden Kälte preisgegeben sind. Gerade die ganz vortreffliche Wärmeökonomie, welche wir weiter unten in ihren Grundzügen darstellen werden, aus welcher zumeist die leichte und gute Ueberwinterung bei sparsamster Zehrung beruht, wird durch jede Abweichung von der Winterkugel gestört und der Schaden für den Bien und den Imker ist genau so groß, als die nötig gewordene Abweichung beträgt.“ [1]

„Der Thüringer Zwilling enthält im Brutraume als der gegebenen Stätte sowohl für die Entwickelung der Völker im Frühjahre, wie für die Ueberwinterung derselben einen reinen Wachskörper von 40X35X25 cm — 35000 ccm exkl. zweier Deckwaben. Nehmen wir an, daß in dieser Wohnung ein ebenso normales Volk zur Ueberwinterung gelangt, wie wir dies bei der Ueberwinterung in Normalmaßbeuten beispielsweise vorausgesetzt hatten. Zur strengen Winterzeit soll das Volk in fünf Wabengassen sich zu einer Kugel zusammengezogen haben. Wie stellt sich denn dann die Sache? Die Kugel hat dann auch einen Durchmesser von etwa 17 cm. Seitlich verbleiben dann je 4 cm Wachszellenfläche, bis zur Stockwand beträgt der Abstand sogar 5 cm, nach unten bleibt, wenn wir die Bienen ebenfalls 10 cm unterhalb der Decke sitzend annehmen, 13 cm Zellenfläche. Unter solchen Umständen können die Bienen sich ihrer Natur entsprechend völlig kugelförmig zusammenziehen, ohne irgendwie oder irgendwo mit kalten Wänden in Berührung zu kommen, sie haben vielmehr nach allen Seiten um sich her die vorzüglich schützenden und ihre eigene Verteidigung aufs wirksamste unterstützenden Zellenschichten, welche infolge des Festhaltens der von der Bienenkugel ausgestrahlten Wärme und der Abwehr der andringenden Kälte eine „gemäßigte Zone“ herstellen, die für das Wohlbefinden der Völker im Winter von geradezu ausschlaggebender Bedeutung ist. Von allen Anhängern der alten Schule wird nun stets, wie aus einem Munde kommend, der Einwand erhoben:  „Wie ists denn aber nur möglich und denkbar, daß schwache oder selbst starke Völker einen so großen Ueberwinterungsraum genügend erwärmen, ein solch ausgedehnter Raum ist doch viel zu kalt und muß den Bienen Tod und Verderben bringen.“ Dieser Vorwurf entspringt derselben grundverkehrten Voraussetzung, die, wie wir schon oben gesehen haben, zu der Ansicht geführt hat, wir schützten durch die Stockwände, Strohdecken u. dergl. die Bienen im Winter vor dem Erfrieren, es ist die Übertragung der Vorstellung eines geheizten Zimmers auf den Bien und seine Wohnung im Winter. (…) Haben denn die kleinen Eisberge inmitten der Bienenwohnungen, auch der engen Normalmaßbeute, immer noch nicht zu der Ueberzeugung geführt, daß es keinem Bien je im Winter einfällt, die ganze Bienenwohnung behaglich zu erwärmen, ja daß er unbedingt binnen 2 — 3 Wochen sei es Hungers oder an der Ruhr sterben müßte, wollte er so sich verhalten, wie die klugen Väter der alten Schule annehmen. (…) Jeder Imker, welcher nicht gedankenlos, wie es ja leider gar viele thun, alte Irrtümer unserer Altmeister immer wieder nachsprechen will, muß doch aufgrund eigener Erfahrungen und richtiger Schlußfolgerungen aus angestellten Beobachtungen unserer Ansicht voll und ganz zustimmen, daß der Bien einzig und allein im Winter sich selbst zu erwärmen sucht und, wie schon erwähnt, nur darauf bedacht ist, möglichst wenig von der zu eigenem Bedarf erzeugten kostbaren Wärme durch Ausstrahlung an die Umgebung, also an den vorher nicht besetzten Raum des Stockes, zu verlieren. Wozu demnach eine enge Wohnung für den Bien im Winter fordern, da diese für den Wärmezusammenhalt im Bien auch nicht das geringste zu bedeuten hat, während durch dieselbe der Bien sehr leicht gezwungen wird, eine für ihn weniger günstige Gestalt zur Ueberwinterung einzunehmen! (…) Was nun die von den Bienen triebmäßig angestrebte Kugelform betrifft, so haben wir schon oben angedeutet, daß dieselbe unbedingt die günstigste aller denkbaren Formen ist, wenn es gilt, das wichtige Ziel, erzeugte Wärme zusammenzuhalten und vor Ausstrahlung zu bewahren, zu erreichen. Pfarrer Warnstorf hat nachgewiesen, daß ein Volk von gleichem Volumen (Rauminhalt) in Gestalt einer Kugel nur 95,05 qcm Oberfläche besitzt, dagegen in Gestalt eines Eies (Ellipsoides) 100,55 qcm, sodaß also die Eiform 5,5 qcm mehr Fläche sowohl der ausstrahlenden Wärme, wie auch event. der einstrahlenden Kälte darbietet. Daher kommt es, daß ein gleichstarkes Volk in Eiform 50,27, in Kugelform nur 34,56 Wärmeeinheiten zu erzeugen braucht, um eine gleiche Temperatur zu erzielen und wenn wir das auf den Honig anwenden, also an den Verbrauch von Heizmaterialien, so verbraucht ein eiförmiger Bien 4 Pfd. Honig, wenn ein kugelförmiger 3,91 Pfd. verzehrt hat. In einem Winter machte also der Mehrverbrauch, welcher ausschließlich durch die ungünstige Eiform bedingt ist, mathematisch berechnet, etwa 1/2 Pfd. aus, in Wirklichkeit noch mehr, sodaß ein Bienenstand von 100 Völkern jedes Jahr 1/2 Ztr. Honig der Verkehrtheit des Normalmaßes zum Opfer bringt. Gegen dieses  Rechenexempel läßt sich schlechterdings kein Einwand erheben, da doch gewiß sonst überall geltende Naturgesetze auch bei den Bienen zutreffen müssen. Die Kugelform hat nun eine nicht nur für die Theorie der Bienenzucht, sondern auch für die Praxis, zumal für die Theorie und Praxis der Ueberwinterung des Biens, höchst bedeutsame Eigenschaft, daß nämlich die Oberfläche einer Kugel nicht in gleichem Verhältnis wie der Inhalt derselben wächst. Eine Kugel mit noch einmal so großem Durchmesser wie eine zweite, hat den achtfachen Inhalt der zweiten Kugel, aber nur eine viermal so große Oberfläche. Wenden wir diese Thatsache auf den überwinternden Bien, sein Wärmebedürfnis und seinen Honigverbrauch an, so finden wir, daß ein achtmal so starkes Volk nur viermal so viel Honig braucht, als ein achtmal schwächeres.“ [1]

4.         Harmonie des ungeteilten Brutnestes

4.1       Das Grundgesetz der Brut- und Volksentwicklung und wie dieses vom Umfang des Wabenwerks sowie von dem daraus sich ergebenden ungeteilten Brutnest abhängt

„An diesem hochwichtigen Punkte unserer Erörterung tritt das von uns zuerst erkannte und dargestellte Grundgesetz der Brut- und Volksentwicklung in sein volles Recht ein. Dasselbe lehrt uns, daß die ideale, biologische Grundform des Biens die Kugel ist, aus welcher sich die durch besondere äußere Einflüsse, die Schwerkraft, die Wärme u. dergl., hervorgerufenen besonderen Erscheinungsformen des Biens während aller Jahreszeiten, z. B. die Schwarmtraube, die Anordnung der Volksmassen beim Bauen, der Brutbienenknäuel, unschwer herleiten lassen. Die wichtigste und im Bienenleben am häufigsten vorkommende Abart der Kugel und des Kreises ist das Ellipsoid (Eikörper) bzw. die Ellipse (Eilinie), in welcher Form uns der Bienenkörper fast durchgängig entgegentritt, während die Brutgürtel genau genommen stetig in der Form einer vergrößerten Zelle erscheinen, da ja die systematische Erweiterung der Zellengürtel um einen Zellenmittelpunkt stets wieder die Form eines regelmäßigen Sechseckes ergibt. Wenn auch bisher „das Grundgesetz“ noch in einzelnen Punkten Anfechtungen ausgesetzt gewesen ist, das wird doch sicher von allen nunmehr anerkannt werden, daß die Kugel bzw. der Eikörper hinsichtlich des Bienenbaues, der Bienenbrut und der Überwinterung und die Ellipse bzw. der Kreis und das regelmäßige Sechseck hinsichtlich des Fortschreitens der Brut wie des Baues auf der einzelnen Wabe die bedeutsamste Rolle spielen. Auch das ist nicht wegzuleugnen, daß den eiförmigen Brutkörper ein eiförmiger Gürtel Pollen, ähnlich wie das Eiweiß das Eidotter, umgibt, und daß der Honig als äußerste Schicht wiederum in geordneten Zellenreihen um diesen Brut-Polleneikörper gelagert ist, und daß die Gesamtheit des also organisierten Wesens das darstellt, was wir Bien nennen, eine Lebenseinheit mit eigenartiger, feststehender, naturgesetzlich bestimmter Ordnung und Gliederung.“ [3]

„Die Brutentwicklung wie die Brutperioden schreiten in konzentrisch sich erweiternden Kreisen bzw. Ellipsen oder regelmäßigen Sechsecken vorwärts, sodaß bei aufwärts steigender Entwicklung im Frühjahr die nächstfolgenden Brutkreise zunächst die schon einmal beschriebenen und nach und nach (dem nachfolgenden Brutsatze voraus) auslaufenden Brutellipsen wieder besetzen, um dann noch einige größere Brutkreise anzufügen. Das ist der naturgemäße Verlauf der Brutentwicklung, wie ihn unter normalen Verhältnissen jede einzelne Brutwabe sowohl, wie jedes ungestörte und in seiner Entwicklung nicht irgendwie gehinderte oder beeinflußte Brutnest in einem Bienenvolke zeigt. — Daß von diesem regelmäßigen Verlaufe unter anormalen Verhältnissen Abweichungen vorkommen, ist wiederum so selbstverständlich wie nur möglich. Es wird unserer Bruttheorie von verschiedenen Seiten entgegengehalten, und dieser Vorwurf soll das Grundgesetz der Brut- und Volksentwicklung auf den Haufen werfen, daß die Königin bei reicher Tracht und wenn sie auf dein Höhepunkt ihrer Eierlage angekommen, Eier in jede an irgend einer Stelle des Brutnestes zugegebene leere Wabe lege, ohne auf die von uns aufgestellte und der Königin aufoktroyierte Brut- und Eierlegeregel zu achten. — Uns fällt es nicht ein, dies zu bestreiten, wenn eben der Königin nicht genug Zellen im naturgemäßen Brutkörper zur Verfügung stehen, so daß sich ihre Fruchtbarkeit nicht ungehindert und ihrer anerschaffenen Regel gemäß entfalten kann. „In der Not frißt der Teufel Fliegen“, lautet ein Sprichwort, welches in unserem Falle bedeutet – Wenn der Königin im vorhandenen Brutkörper leere Zellen zur Ablage ihrer legereifen Eier mangeln, so nimmt sie dankbar jede ihrem natürlichen Wesen auch noch so wenig zusagende Gelegenheit an, Eier abzusetzen. So legt eine fruchtbare Königin Eier in kaum begonnene Zellen, wenn sie sonst keinen Raum findet, so legt eine junge, fruchtbare Königin in schwachem Volke (Königinzuchtstöckchen z. B.) mehrere oft in eine Zelle, ja — horribile dictu. — so legt sie, wie bei den Schwärmen, bevor dieselben haben Bau aufführen können, Eier in die Luft, welche dann auf den Boden herabfallen und verderben, warum sollte sie, wenn reife Eier zum Ausgang drängen, solche nicht auch in wohlausgebaute Zellen ablegen, selbst wenn diese ihr, durch den Unverstand kenntnisloser „Bienenzüchtiger“ an eine möglichst ungehörige und unpassende Stelle ins Brutnest eingeschoben werden!“ [3]

4.2       Die Bedeutung des ungeteilten Brutnestes – auch für die gute Überwinterungsfähigkeit der Honigbienen

„Die Erfahrung lehrt nun in ganz auffälliger Weise, und unser „Grundgesetz der Brut- und Volksentwicklung“ hat dies nicht nur bestätigt, sondern erst in seinen Ursachen erkannt und erklärt, daß das größte Hindernis für eine gleichmäßige und ununterbrochen fortschreitende Brutentwicklung, d. h. eine ungehinderte Ausdehnung der Eierlegegänge der Königin, Fremdkörper irgend welcher Art in dem von uns geforderten Brutzellenkörper sind. Solche Fremdkörper sind vor allen Dingen bei Anwendung von sogenannten Halbrahmen die Holzteile, welche den Brutzellenkörper quer durch die gesamte Mitte durchziehen und denselben in zwei Hälften, eine obere und eine untere, teilen. Da die Bienen nun gewöhnlich die obere Hälfte nicht einmal bis auf den unteren Rahmenschenkel herabbauen, so kommt zu der störenden Holzschicht auch noch eine nicht minder der Bienennatur widerstehende Luftschicht dazu. Wie sehr die Bienen beides hassen, geht daraus hervor, daß sie alle Mittel anwenden, sie zu entfernen: Sie pflegen die Holzteile mit Verbindungszellen zu verbinden und die leeren Stellen mit oft verkrüppelten Zellen auszufüllen, um nur eine ununterbrochene Wachsscheibe zu erzielen. Das ist doch schon ein deutlicher Fingerzeig, alles, was nicht Wachs ist, aus dem Brutkörper zu verbannen und den geforderten Wabenkörper als einen reinen Wachszellenkörper darzubieten. Freilich sagen da die Anhänger der bienwidrigen Halbrahmen im Brutraume, daß dieselben nichts schadeten, da ja die Bienen verständen, das — zwar auch von den Halbrahmenimkern nicht zu leugnende — Hindernis durch Überbauen mit Wachszellen zu beseitigen. Sie bedenken dabei nur nicht, daß es darauf nicht ankommt, sondern vielmehr darauf, daß in solche Überkleisterungszellen keine Brut gesetzt und damit die so ausschlaggebende Brutordnung überall unterbrochen und gestört, wenn nicht ganz zerstört wird. Sie begreifen dabei nicht, daß die Überbauungszellen der beste Beweis sind, daß der Bien das Holzgesperre als schlimmen Störenfried empfindet, den er auf jede Weise zu entfernen sucht! Um diese Forderung noch näher zu begründen und in ihrer Richtigkeit und Unerläßlichkeit nachzuweisen, diene folgende Beobachtung: Nicht einmal, sondern gar oft haben wir im Frühjahr wahrgenommen, daß, während die Völker mit Ganzrahmen im Brutraume ihren Brutkörper schon ganz bedeutend nach unten ausgedehnt hatten, andere Völker mit Halbrahmen immer nur einen kleinen Eikörper Brut in den oberen Rähmchen zeigten. Früher, ehe wir selbst das „Grundgesetz der Brutentwicklung“ erkannt hatten, nahmen wir stets an, daß das Volk zu schwach sei oder meistens, daß die Königin nichts tauge. Jetzt wissen wir, daß gewöhnlich ganz allein „das Holzgesperre“ gerade an der Stelle des Brutkörpers, da naturgemäß das Zentrum des Brutkreises liegt, die Königin hindert, an naturgemäßer Stelle den Brutsatz zu beginnen und die Brutellipsen ungehindert nach allen Seiten auszudehnen. Jeder Imker kann sich leicht von der Wahrheit dieser Erklärung durch eigene Beobachtung und Versuche überzeugen. Wir haben sogar die Bemerkung machen können, daß, wenn in dem Brutkörper in der Mitte ein Ganzrahmen stand, auf welchem der Brutsatz seinen Anfang genommen, und daneben Halbrahmen, die Königin nur mit größtem Widerstreben zu dem Halbrahmen überging und umgekehrt. […] Wer aus solchen Beobachtungen und Erfahrungen — die im Laufe der Zeit von Hunderten, ja Tausenden von Imkern selbst gemacht worden sind — nicht den Schluß zieht: „Die Bienen verlangen einen reinen, geschlossenen Brutzellenkörper“, dem ist nicht zu raten und zu helfen. Deshalb stellen wir als weitere, unerläßliche Forderung an eine naturgemäße und zweckentsprechende Bienenwohnung auf: Die Wohnung muß im Innern so ausgestattet sein, daß sie den Bienen erlaubt, den benötigten Brutkörper als ein geschlossenes Wachszellengebäude aufzuführen.“ [3]

4.3       Warnung vor dem zu häufigen  Auseinanderreißen des Brutnestes

„Die bewegliche Wabe verleitet den Imker, zumal den Neuling, nur zu leicht, sie als bequemes Mittel zu gebrauchen, die Völker fortwährend zu stören, zu beunruhigen und grenzenlose Unordnung in dem so wunderbar gegliederten Organismus des Biens anzustiften. Nicht dazu ist sie da, sondern um die etwa notwendig werdenden Arbeiten an den Bienen leicht, schnell und mit möglichst wenig Störung und ohne irgend welche Zerstörung von Bienen, Brut und Bau verrichten zu können. Nach unserem Dafürhalten wird heute infolge der Beweglichkeit des Wachsgebäudes viel zu viel, aber zu wenig mit dem rechten Verständnis an den Bienen herumgearbeitet; der Imker denkt zumeist, daß er der Helfer, der Ordner, der Wegweiser der Bienen sein müsse, anstatt daß er sich den Weg von den Bienen zeigen läßt und nur dann helfend eingreift, wenn ihm seine Bienen kund tun, daß sie sich nicht selbst mehr helfen können. Da gilt es immer wieder die alte Lehre des Erfinders der künstlichen Mittelwand, Mehring, ins Gedächtnis zurückzurufen, daß das Bienenvolk ein einheitliches Wesen, ein einheitlicher Organismus ist, in dem jede Wabe und Zelle ihren bestimmten wohlgeordneten Platz einnimmt, von welchem sie nicht ungestraft und ohne Schaden zu stiften verrückt werden darf. Das alles ruft dem Imker ein lautes „Vorsicht“ zu, wenn er mit der beweglichen Wabe operiert, und erregt in ihm den Wunsch, die Beweglichkeit so vollendet einzurichten, daß die Behandlung und die etwa notwendig werdenden Eingriffe in den Bienenkörper — die sicherlich ein Volk oft nicht minder schmerzen, wie wenn ein Mensch „operiert“ wird — mit möglichst wenig Aufregung und Störung verbunden sind. Was müssen doch die Bienen für Schmerzen, Angst und Sorgen empfinden, wenn ihnen die Königinnenzellen ausgeschnitten werden, wie wehren sie sich selbst dann noch, wenn der Züchter versucht, „Chloroformierung“ in Gestalt betäubenden Rauches und Apioles vorzunehmen! Ist doch diese Operation in gewissem Sinne einer Kastration vergleichbar. Bisher hat der Imker meist viel zu gefühllos unseren hinsichtlich der Fähigkeit und Feinheit so hoch entwickelten Lieblingen gegenübergestanden. Wenn er sich stets eingedenk wäre, daß er in jeder Wabe ein lebendiges Glied eines fühlenden Organismus herausreißt, er würde diese Operation gewiß nur noch im Notfall anwenden, aber nicht für sich zur Unterhaltung und zum Zeitvertreibs. Gerade die Erkenntnis des Grundgesetzes der Brut- und Volksentwicklung hat nun den Imker in den Stand gesetzt, schon an einer Wabe, an entsprechender Stelle entnommen, sich über den ganzen Brut- und damit Volkszustand zu unterrichten, da er von jeder Wabe, wenn er sonst das „Grundgesetz“ gehörig beachtet und einigermaßen Erfahrung besitzt, das ganze Brutnest sich selbst rekonstruieren kann. Für gewöhnlich ist also eine größere Störung der Bienen gar nicht nötig, wenn jede Wabe einzeln erhältlich ist, ohne das übrige Brutnest auseinanderreißen zu müssen. Da wird es demnach als ein berechtigter Wunsch erscheinen müssen, die Bienenwohnung so zu konstruieren, daß jede einzelne Wabe bequem für den Imker und ohne größere Störung der Völker erreichbar ist und entnommen werden kann. Daß dieser Wunsch nicht zu erfüllen bei Beuten, welche nur von hinten, vorn oder von vorn und hinten zugänglich sind, leuchtet sogleich jedem denkenden Imker ein, da ja von vorn oder hinten immer nur die ersten Waben erhältlich sind, dagegen stets erst soviel Waben entnommen werden müssen, als vor einer anderen Wabe stehen, bis wir die gewünschte erreichen können. Da die vorstehenden Waben zudem auch noch aus der Beute entfernt werden müssen, um eine weiter vorn stehende zu erreichen, so ist die geringste tieferdringende Revision stets mit der größten Störung der Völker verknüpft. Nur bei Beuten, welche von unten, oder von der Seite, oder von oben zugänglich sind, ist es möglich, jede Wabe einzeln zu erlangen, ohne erst die übrigen zu entfernen oder zu bewegen.“ [3]

5.         Plädoyer für warmhaltige Bienenbeuten

5.1       Pressrahmenbeute von Otto Rheinheimer

„Man kann mit gut isolierten Beuten an Winterfutter sparen. Eine noch größere Wichtigkeit erlangt eine solche Beute im zeitigen Frühjahr, wenn die Brut beginnt und draußen noch recht kalte Tage und Nächte aufeinander folgen. Die Brut gedeiht nur in einer Temperatur von 35 Grad Wärme. Sie beginnt zuerst im innersten Kern der Traube, wo die Wärme zuerst auf 35 Grad gesteigert wird. Sie dehnt sich dann allmählich auf größeren Umfang aus, soweit es den Bienen gelingt, die erforderlichen 35 Grad aufzubringen. Ist die Beute nun nicht genügend wärmehaltig, so kann die Brut nicht ausgedehnt werden, die Brutkreise bleiben zu klein und die Entwicklung der Völker kommt nicht vorwärts. Dabei ist aber gerade die schnelle rechtzeitige Erstarkung der Völker im Frühjahr entscheidend. Aber auch im Sommer können bei mangelhafter Isolation Nachteile auftreten. Sobald die Honigräume besetzt werden und die Brut auf alle Waben des Brutraumes ausgedehnt wird, womöglich noch Brutwaben in den Honigraum umgehängt werden, entstehen große Räume innerhalb der Beute, die nunmehr in ihrer ganzen Ausdehnung auf 34 bis 35 Grad gebracht werden müssen. Unterhalb dieser Temperatur ist die Brut ja nicht lebensfähig und stirbt ab.“  [2]

Abbildung 1: Die Winterkugel in geschlossenen Rähmchen. Die geschlossene Wabengasse hat nur unten einen Spalt, durch den die kalte Luft vom Flugloch nicht nennenswert eindringen kann. Die Pfeile zeigen die kleine mögliche Luftbewegung an [2]

 

„Je wärmer die Umgebung bleibt, um so weniger kann Wärme abstrahlen und um so weniger Luft kann in Bewegung gebracht werden. Das gilt namentlich dann, wenn die Wintertraube den größten Teil der Wabengasse ausfüllt. Wo dies jedoch nicht zutrifft, verbleibt der größte Teil der Gasse im freien Luftraum, die Luft kann reichlich zirkulieren und Wärme wegführen. Sitzt die Traube in abgeschlossenen Wabengassen, so ist die Luftbewegung durch Wärmestrahlung ziemlich unterbunden, die Traube kann eine größere Ausdehnung annehmen und fühlt sich wohler.“ [2]

Zum Thema Erweiterung des Brutnestes im Frühjahr führt Rheinheimer aus: „Insbesondere im Frühjahr darf die Anordnung der Waben nicht ohne Not gestört werden, insbesondere dürfen keine Waben dazwischen gehängt werden. Wenn die Königin mit der Eiablage beginnt, so bestiftet sie die innere Wabe erst auf der einen Seite, geht dann auf die andere, wieder auf die erste Seite und so fort, bis die innere Brutfläche ungefähr den Durchmesser von drei Wabenbreiten hat. Erst dann geht sie auf die beiden Nachbarwaben und bestiftet hier einen kleinen Kreis, dann folgt wieder ein Ring von Stiften auf der Innenwabe und so fort, so daß eine Brutkugel entsteht, die innerhalb der Winterkugel wie der Dotter im Ei sitzt. Wenn diese Brutkugel den entsprechenden Durchmesser hat, dann geht die Königin auf die 4. und 5. Wabe über und so vergrößert sie den Durchmesser der Brutkugel ganz allmählich von innen nach außen. Der Umfang der Brutkugel wird nur soweit ausgedehnt, als er sich in der wärmsten Zone der Bienenkugel befindet. Hier muß die Temperatur immer 35 Grad betragen. So zieht die Königin auf den Waben einen Ring von Stiften nach dem anderen und vergrößert langsam die Brutkugel. Es wird ein organischer Aufbau. Kommt nun der Imker und reißt ohne Überlegung diese Brutkugel auseinander und setzt eine leere Wabe dazwischen, so drängt er das Brutnest um 35 mm auseinander. Bleibt das Wetter gut und warm, so kann es sein, daß die Königin auf ihrem Legegang Halt macht und schleunigst in einem Zug diese Wabe bestiftet, damit die Brutkugel keinen leeren Raum erhält. Kommen jedoch Kälterückschläge, so zieht sich die Kugel fester zusammen und die beiden äußeren Waben, die vorher in die Kugel paßten, liegen frei und verkühlen und die darin befindliche Brut stirbt ab. Nehmen wir aber einmal an, es ginge ohne Kälterückschläge und ohne Nachteile weiter. Hat dann die Königin drei Wochen ihrer Legetätigkeit hinter sich, beginnt die erste Brut in der Mitte bereits auszulaufen. Hier werden also laufend Zellen frei, die von der Königin wieder bestiftet werden müssen. So beginnt die Königin im Innern der ersten Brutwabe von neuem zu stiften, wieder von innen nach außen und von Wabe zu Wabe fortschreitend. Da kommt sie an die neue Erweiterungswabe, und hier hat sie lange zu tun, um die leere Wabe zu bestiften. Auf dieser Wabe schlüpft aber innerhalb der nächsten 3 Wochen keine Biene, so daß die Königin stets an dieser Wabe Halt macht und ihre Stiftkreise auf den Waben nicht fortsetzen kann. Deshalb kehrt sie in den meisten Fällen um und bleibt auf einer Seite des Brutnestes. So ist der organische Aufbau des runden Brutnestes empfindlich gestört und die Entwicklung verzögert. Darum darf man Erweiterungswaben nur am Rande des Brutnestes geben und auch nur, wenn ausreichend Bienen zur Belagerung vorhanden sind. Für die fortschreitende Entwicklung der Brut im Frühjahr muß man daher alles tun, um Kälterückschläge vom Brutnest fernzuhalten, dann erreichen wir eine schnellere Ausdehnung der Brutkugel und ein rechtzeitiges Erstarken des Volkes zur Frühtracht. Darum ist eine sorgfältige, warmhaltige Verpackung und eine zugfreie warme Beute unerläßlich oder wir wenden die geschlossenen Rähmchen mit starken Holzleisten an, wie sie in der Preßrähmchenbeute Verwendung finden, wobei die geschlossenen Wabengassen nur unten offen sind. Die Bienenkugel sitzt hier in ihrer Nestluft ganz frei von äußerer Zugluft, so daß ihre keine Wärme verloren gehen kann.“ [2]

Das Einengen im Herbst oder im Frühjahr beschreibt Rheinheimer wie folgt: „Wo dieser Wärmegrad nicht erreicht wird, dort kann es nur eine langsame Entwicklung geben, denn die Bienentraube kann die Brutanlage nicht größer machen als sie selber in der Lage ist, die Brut genügend zu erwärmen. Wenn sie daher 9 oder 10 Waben im Brutnest hat, und dabei womöglich gar auf allen Waben sitzt, so kann sie nur einen kleinen Durchmesser bilden und der Wärmekern von 35 Grad im Innern bleibt nur klein. Denn um die Traube herum befindet sich kalte Luft, wenn das auch mancher Imker nicht wahrhaben will. Diese kalte Umgebung entzieht dem äußeren Rand der Traube stetig Wärme, die von innen her ersetzt werden muß. Dieser Gegebenheit muß sich die Traube anpassen und sich zusammenziehen. Erst wenn es außen so warm ist, daß sich diese Wärme auch im Stockinnern bemerkbar machen kann und die Gassenluft selber erwärmt, erst dann kann sich die Traube ausdehnen und die Brutanlage kann vergrößert werden. Das ist aber erst Ende April oder gar erst im Mai der Fall. Engt man dagegen rechtzeitig ein, so daß alle nicht genügend belagerten Waben herauskommen, dann wird der Bien veranlaßt, sich in der Längsrichtung zusammenzuziehen und dafür den Umfang auf den Waben zu vergrößern, wodurch die belagerten Wabenflächen größer werden. Dadurch vergrößern wir nun die ganze Wabenfläche, die von der Traube auf genügende Temperatur gebracht werden kann, die Königin bestiftet größere Kreise und die Brutanlage wird erheblich größer. Wir erreichen durch diese Einengung von beispielsweise 9 Waben auf nur 5 Waben eine Brutfläche, die rund 4mal größer ist als vorher und die nunmehr das gleiche Volk belagern und auf 35 Grad warmhalten kann. Daß dies ein gewaltiger Unterschied ist, muß doch jedem Imker einleuchten, der sich diese Vorgänge klar macht. Auch wenn die dadurch bedingte schnellere Entwicklung trachtmäßig gesehen vielleicht nicht erforderlich ist, so ist doch der Vorteil der Einengung in unseren Breitengraden der, daß wir mit gesünderen und wärmer sitzenden Völkern rechnen können. Vergessen wir niemals, daß durch die Verkühlung der Brut und der Jungbienen der Nährboden für manche Krankheiten gelegt werden dürfte und ich bin dafür, daß wir das Brutnest gar nicht warm und geschützt genug halten können.“ [2]

Abbildung 2: links: Auf 10 Waben befindliches, nicht eingeengtes Brutnest. Abkühlung bringende Luftumlaufflächen betragen in diesem Fall 4400 cm²; rechts: Auf 6 Waben eingeengtes Brutnest. Die Abkühlung bringenden Luftumlaufflächen betragen hier nur 2500 cm². Die Winterkugel verliert weniger Wärme [2]

 

Preß- und Schließrahmenbeute verfolgen dasselbe Prinzip. Die Rahmen sind geschlossen! „(…) sie gewährleisten eine gute Warmhaltung und einen zugluftfreien Abschluß der Wabengasse gegenüber den kalten Wänden der Beute und der kalten Außenluft. Die Hölzer dieser Rähmchen sind 35mm breit, liegen Kante an Kante dicht zusammen und werden durch Preßhebel ganz fest zusammengezogen. Die Wärme wird auf diese Weise auf den Waben selber zusammengehalten, sie kann nicht gut aus den Gassen heraus und die Nestluft innerhalb der von Bienen besetzten Gassen behält ihre Zusammensetzung, so wie sie für die Brut günstig ist. Krankheiten wird schon hier der Boden entzogen. Die Bienen sitzen warm, erleiden keine Brutverkühlungen und entwickeln sich rasch auf großen Wabenflächen. Eine Einengung ist bei solchen Rähmchen nicht unbedingt erforderlich, weil jede Gasse schon für sich abgeschlossen ist und wiederum durch die nächste Gasse isoliert wird. Eine abgeschlossene wärmehaltige Wabengasse reiht sich an die andere und verstärkt die Warmhaltung der vorhergehenden Wabe. Bei offenen Rähmchen kann das nicht erreicht werden, da hier die umgebende kühlere Luft der Beute durch die einzelnen Gassen durchströmen kann, die warme Luft aus der Gasse fortnimmt und an der kalten Außenwand der Beuten wieder verkühlt. (…) Sicherlich haben viele Imker mit allen möglichen Beutenarten nur deshalb Mißerfolge, weil sie dem erforderlichen Wärmegrad im Brutnest besonders im Frühjahr zu wenig Beachtung schenken. Ich schreibe dem Nichtvorhandensein der erforderlichen Stockwärme und der richtigen Nestluft die Ursache mancher Krankheiten zu und kann daher allen Imkern nur empfehlen, die Völker warm und zugfrei unterzubringen. Statt Krankheiten heilen zu wollen, sollte besser alles getan werden, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Darum auch einengen, wo es nach dem oben Gesagten erforderlich ist“. [2]

Abbildung 3: Nicht eingeengtes Brutnest auf 12 Preßrähmchen. Abkühlung bringende Luftumlaufflächen betragen hier nur 400 cm², so daß die Einengung nicht nötig ist [2]

5.2       Gerstungs Einraumbeute

„Die Warmhaltigkeit der Wohnungen kann auf verschiedene Weise hergestellt werden. Beim lebenden Baume bietet den Bienen die auch im Winter nie ganz versiegende natürliche Lebenswärme, welche in den Holzfasern zirkuliert, eine Wärmequelle dar oder verhindert doch wenigstens, daß hohe Kältegrade unmittelbar ihren schädigenden Einfluß auf den Überwinterungskörper des Biens ausüben können. Bei allen künstlichen Wohnungen fehlt diese wichtige Eigenschaft dem zu verwendenden Material, sei dies nun Stroh oder Holz oder sonst ein Stoff. Aus der Physik wissen wir nun, daß die Luft, zumal die eingeschlossene Luft, der schlechteste Wärmeleiter und damit das beste Mittel zur Warmhaltigkeit ist. Solch eingeschlossene Luftsäulen bieten (außer den leeren Wachszellen) Stroh und Schilf in bester Weise dar. Demnach sind Wohnungen aus Stroh und Schilf zu den warmhaltigsten zu zählen. Zu bemerken ist dabei, was gar oft übersehen wird, daß das Stroh, je dichter es gepreßt wird, um so mehr an Warmhaltigkeit verliert. Leicht gepreßte Strohwülste oder Strohwände bezw. Decken sind die warmhaltigsten. (…). Wo irgend möglich, ist Stroh als Material für die Bienenwohnungen zu wählen, da neben der Warmhaltigkeit dem Stroh auch noch andere wichtige später zu erwähnende Vorteile eigen sind. Im Jahre 1902 ist es uns nach langem Bemühen endlich gelungen, eine Bienenwohnungswand herzustellen, welche allen Anforderungen in bester Weise entspricht. Diese Wand ist uns durch das Patentamt gesetzlich geschützt worden. Sie besteht aus Holzgewebe, und als Füllung ist Torfmull benutzt. Diese Wand vereinigt in sich alle Vorzüge der Holzwand (Glätte, ebene Fläche, Festigkeit) und der Strohwand (großartige Porosität und Ventilationsfähigkeit, Ableitung aller Feuchtigkeit und verbrauchten Luft, ohne die Wärme entweichen zu lassen), ohne auch nur einen der Mängel der Holz- oder Strohwand zu zeigen. Diese patentierten Holzstabwände mit Torffüllung eignen sich nun nicht nur zur Herstellung unseres Wohnungssystems, sondern es lassen sich zweckmäßig auch alle anderen Wohnungssysteme: Amerikaner Stöcke, Dadant-Alberti-(Stränli-) Kasten, Älbertis Blätterstöcke, Gravenhorstsche Bogenstülper, Langstrothbeuten, Berlepschbeuten usw. aus dieser Wand herstellen. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, daß diese ganz vorzügliche und überall, wo sie erprobt worden ist, prächtig bewährte neue Wandung bald allgemein eingeführt werden wird, da ihre Vorzüge zu sehr in die Augen springen. Weiter unten werden wir über die Herstellung der Wohnungen aus diesen Wänden näheres mitteilen. Wir bemerken nur hier, daß in dieser Wand die natürliche Bienenwohnung, nämlich der hohle Baum, den Fäulnis ausgehöhlt hat, vollständig nachgebildet worden ist. Wo aus irgendwelchen Gründen und Rücksichten die Beuten aus Holz hergestellt werden, so ist stets eine der sogenannten weichen Holzarten als Material zu wählen: Fichte, Linde, Pappel, Weide, weil weiches Holz ein schlechterer Wärmeleiter ist als hartes. Doch stelle man die Außenwände nicht etwa aus starken Bohlen her, sondern aus sogenannten Füllungen, d. h. aus dünnen Brettern, durch welche ein leerer mit Häcksel zu füllender Raum umschlossen wird. Dadurch wird die Warmhaltigkeit bedeutend erhöht. Seinem Wesen nach bildet jedes Bienenvolk eine in sich abgeschlossene Einheit, welche in sich alle Fähigkeiten des Bestandes und der Entwicklung auf beste Weise vereinigt.“ [3]

„Da wir soeben der Warmhaltigkeit das Wort geredet haben, kann es auffällig erscheinen, wenn wir nunmehr auch Schutz der Bienen vor zu großer Hitze verlangen, und doch können wir diese Forderung nicht unausgesprochen lassen. Wohl kann die Biene 30 Grad Wärme und noch mehr bei freiem Fluge vertragen, nicht aber in ihrer Wohnung, wo bei 25 Grad äußerer Temperatur schon mindestens 30—35 Grad innere Hitze vorhanden sind. Dann legen sich die Bienen untätig außerhalb des Stockes an aus Furcht, die so hoch gesteigerte Wärme im Innern könne das Wachs schmelzen, der Brut gefährlich werden und die innere Luft verderben. Daher ist ebenso gegen die Hitze wie gegen die Kälte Schutz zu fordern. Die starken Wände dienen ja zugleich als Schutzmittel gegen Kälte und Hitze, sowie gegen grelle Temperaturveränderungen überhaupt.“ [3]

„Wir halten es daher für eine unerläßliche Anforderung an eine gute Bienenwohnung, daß dieselbe dem Bedürfnis der Bienen bezüglich des Schutzes gegen Fäulnis, Moder und Schimmel dadurch entgegen kommt, daß sie im Winter den Bienen im Haupte des Stockes, wo die feuchten Niederschläge sich ansammeln, eine möglichst starke, doch nicht zu fest gepreßte, gut passende Strohmatte darbietet, durch welche die übermäßige Feuchtigkeit aufgenommen und abgeleitet wird, ohne daß Fäulnis oder Moder entstehen und ohne daß die so nötige Warmhaltigkeit Einbuße erleidet. (…) Durch die Konstruktion der Holzstabwände mit Torffüllung ist nun auch in dieser Hinsicht die beste Bedeckung des Biens im Winter im Haupte des Stockes erreicht. Die Holzstabgewebe lassen die Feuchtigkeit in den Torfmull einziehen, wehren aber der Wärme, abzuziehen. Die Luft im Innern der Wohnung wird ebensowohl vor zu großer Feuchtigkeit, wie vor Mangel an Wassergehalt bewahrt und bei hinreichender Ventilation wird jeder ungünstige Zug verhütet und der Torfmull hat gerade die überaus dankenswerte und nützliche Eigenschaft, trotz größter Aufsaugungsfähigkeit für Feuchtigkeit nie zu schimmeln oder zu modern, ja er wirkt sehr stark fäulniswidrig, da er ja ein bekanntes Desinfektionsmittel ist. Dazu kommt noch ein wesentlicher Vorzug: Trotz hohem Wassergehalt hört Torfmull nicht auf, luftdurchlässig zu sein, ein Vorzug, welcher im Nachstehenden noch recht ins Licht treten wird. Wir sind überzeugt, daß auch die Rücksicht auf die Bekämpfung der Bienenkrankheiten, vor allem der Ruhr und der Faulbrut, immer mehr dazu führen wird, unsere Forderung einer Ventilationsdecke im Haupte der Stöcke als berechtigt und wichtig zu erkennen.“ [3]

6.         Die Harmonie des Bien und die Beutengröße

6.1       Berechnung der Beutengröße gemäß den Bedürfnissen des Bien

„Es hat sich immer mehr herausgestellt, daß der Erfolg der Bienenzucht nicht ruht auf irgend welcher Einschränkung der Bruttriebs des Biens durch Beschränkung des Brutnestes, sondern auf der völligen Entwicklung aller Triebe des Biens und die möglichst weitgehende Inanspruchnahme derselben auf allen Entwicklungsstadien. Je mehr ich den Wachstumstrieb, den Bautrieb, den Sammeltrieb in Tätigkeit versetze, um so höher der Erfolg. Die mächtigsten Völker sind stets die sicherste Quelle für den Ertrag! Damit soll freilich nicht „der Erzeugung von Bienenfleisch“ zur Unzeit, also während und nach der Haupttracht, das Wort geredet sein, wie dies uns von gegnerischer Seite vorgeworfen wird. Nur das eine kann unser Ziel sein, kurz vor der Haupttracht unsere Völker auf der denkbar höchsten Entwicklungsstufe zu haben und darunter verstehen wir vor allem auch das Vorhandensein zahlreicher flugreifer Bienen. Der naturgemäßen, ungehinderten, ja der möglichst geförderten Volksentwicklung vor der Haupttracht haben wir daher in unserem „Grundgesetz der Brut- und Volksentwicklung“ und neuerdings auch in unserem schon in 2. Auflage erschienenen Lehrbuch „Der Bien und seine Zucht“ das Wort geredet, von diesem Standpunkte aus betrachten wir nunmehr auch die für uns so überaus wichtige Wohnungsfrage. Als selbstverständliche Anforderung an eine zweckentsprechende Bienenwohnung ergibt sich da, daß die Beute groß genug sein muß. Doch gilt es zunächst auf Grund der rechten Bienenkenntnis diese normale Größe zu bestimmen. Die Wohnung muß Raum bieten für Volk, Brut und Vorräte. Volk, Brut und Vorräte sind nun aber zu verschiedenen Zeiten ganz verschieden. Brut- und Volksvermehrung tritt alljährlich nach bestimmtem Gesetz und deutlicher Regel ein (vergl.„Grundgesetz der Brut- und Volksentwicklung der Bienen“ und unser neues Lehrbuch „Der Bien und seine Zucht“), so daß ungefähr in gewöhnlichen Jahren Ende Mai der ausgedehnteste Brutansatz stattfindet, welchem in der Regel (abgesehen von den kaum merklichen Brutansätzen in den Wintermonaten) drei kleinere aufsteigende Brutsätze voraufgehen und 3—4 absteigende nachfolgen. Zu dieser Zeit ist aber auch regelmäßig reichliche Tracht vorhanden, so daß auch für den Vorrat an Honig und Pollen Raum vorhanden sein muß. Wir bemerken hierbei gleich, daß, wie verschieden auch die Honigernte ausfällt, wir unterscheiden müssen zwischen Bedarf der Bienen und Überfluß, welch‘ letzterer als Lohn seiner Pflege dem Imker zufällt. Naturgemäß speichern zunächst die Bienen um das Brutnest herum, in den oberen, seitlichen und hinteren Partieen so viel Honig und Pollen auf, als sie zur Ernährung der Brut sowohl, wie auch, wenn ihnen dies die Größe der Wohnung erlaubt, zum Volksunterhalt in trachtloser Zeit des Herbstes und des Winters brauchen. Bei der Frage der Verteilung des zu fordernden Raumes nach Höhe, Breite und Tiefe werden wir nochmals eingehender über diesen Punkt zu sprechen haben. Ob der Raum zur Aufnahme des Honigüberschusses für den Imker (Honigraum) fest mit der übrigen Wohnung verbunden wird oder nicht, ist eine Frage zweiter Ordnung, wir haben uns aus praktischen Gründen dafür entschieden, den Honigraum (darunter ist immer nur der Raum für den Honigüberschuß und die Honigernte zu verstehen), da er doch nur ein zeitweiliges Bedürfnis der Bienen ist, nur lose mit der Wohnung des Biens — als der Stätte seiner Entwicklung und Überwinterung — zu verbinden, mit andern Worten beweglich zu machen, wie wir dies später näher ausführen werden. Bei unserer jetzigen Betrachtung sehen wir daher von dem Honigraum ab, und forschen nur nach dem von den Bienen für ihre Entwicklung und den Winterbestand geforderten nötigen Raume. Wir haben bisher bei anderweitigen Darstellungen dieses Gegenstandes stets rund 50 000 Kubikzentimeter als den von den Bienen selbstgeforderten Innenraum einer Bienenwohnung beansprucht. Hier liegt es uns nun ob, nachzuweisen, daß diese Forderung keine zufällige, sondern eine aus den Bedürfnissen und dem Wesen der Bienen wohl zu begründende ist. Ein Bienenvolk braucht, um winterständig zu sein, wenigstens 20 Pfund Honig (oder eine dementsprechende Menge Honigsurrogate). Besser ist in Gegenden ohne Spättracht ein noch größerer Winterbestand. Diesen Vorrat müssen die Bienen selbstverständlich selbst einsammeln zur Zeit der Haupttracht, welche gewöhnlich mit der Hauptbrutperiode zusammenfällt. Für den Honigbestand sowohl wie auch für die größte Brut- und Volksentwicklung muß demnach auf dem Höhepunkt des Bienenjahres die Wohnung Raum bieten. 20 Pfund Honig brauchen zum Unterkommen fast genau 20 000 Zellen, da ein Pfund Honig etwa 1000 Zellen (normal gebaut) füllt; fordern wir 25 Pfund Winterstand, so brauchen wir dazu 25 000 Zellen. Die Königin hat zur Ablage ihres Eierstockes auf dem Höhepunkte der Brutentwicklung (bei uns im 4. Brutlegegang) etwa 2500 Zellen im Mittel täglich nötig. Da dieselbe 20 Tage Eier legt in einer Periode, d. h. bis sie dieselben Zellen wieder benutzen kann, nachdem sie ausgeschlüpft sind, so braucht sie wenigstens 50 000 Brutzellen, dazu noch wenigstens 5000 Pollenzellen. Aus dieser ganz einfachen Berechnung, deren Richtigkeit doch jeder einigermaßen kenntnisreiche Imker, anerkennen muß, ergibt sich für uns ein Wabenkörper von wenigstens 75000 Zellen, wenn wir dem Volke und der Königin ein solches Wachsgebäude zur Verfügung stellen wollen, daß sich beide auch in der höchsten Entwicklung, vorausgesetzt, daß zur entsprechenden Zeit der Honigernteraum aufgesetzt wird, nicht beengt fühlen können, oder gehindert werden, ihrer Entwicklungskraft freien Raum zu lassen. Wir werden später noch erkennen, daß der Bien auch für eine günstige Überwinterung dieselben Forderungen stellt, wie für seine Entwicklung im Frühjahr und Sommer. Auf 100 qcm Wabenfläche befinden sich rund 800 Zellen auf beiden Wabenseiten. Um 75 000 Zellen dem Volke zu bieten, brauchen wir eine Wabenfläche von 9000 qcm (rund). Da die Wabe mit Wabengasse 3,5 cm beträgt, so müßte der diese Wabenfläche fassende Beuteraum 31,500 ccm groß sein. Da nun die Bienen diesen in unserer Berechnung auf das geringste Maß beschränkten Wabenkörper mit zwei Deckwaben abgegrenzt lieben (eine vorn und eine hinten), welche auch etwa den vierten oder fünften Teil soviel Raum wie der Brutkörper in Anspruch nehmen, ferner, da diesen Wabenkörper Holzrahmen von 5—6 mm Stärke umschließen und rings um denselben sich ein leerer Raum von 5—6 mm, am Boden sogar von 25 mm befindet, schließlich da zum Einfügen der Tür und im Winter einer 6 cm starken Strohmatte, desgleichen bei einer etwaigen Wanderung Raum vorhanden sein muß, so haben wir 50000 ccm als runden erforderlichen Rauminhalt der Beute gefordert. Wir gestehen gern zu, daß in gewöhnlichen Fällen auch ein Volk mit 45 000 ccm Raum auskommt, wenn ihm noch ein besonderer Honigraum zur Verfügung gestellt wird. Uns kommt es nur darauf an, festzustellen, was der Bien hinsichtlich seines Raumanspruches für seine Entwicklung im Frühjahr und Sommer und auch für eine gedeihliche Überwinterung fordert, das ist ein Wabenkörper (ohne Rahmen und Abstand von den Wänden, Decke und Boden) von mindestens 31,500 ccm. Die übrigen Größenmaße der Lichtweite werden sich ganz von selbst ergeben, wenn wir erst aus der Bienenkenntnis erforscht haben, wie wir diesen unerläßlichen Wabenkörper unseren Bienen darzubieten haben hinsichtlich des Verhältnisses von Höhe, Breite und Tiefe.“ [3]

„Sehen wir zunächst von den verschiedenen anderen Formen der Beuten ab und fragen nur, wie ist der geforderte Rauminhalt nach Höhe, Breite und Tiefe zu bestimmen, wenn derselbe in eckiger Form — welche für die Konstruktion der Beuten, wie auch für die Behandlung der Bienen zahlreiche Vorteile bietet — den Bienen dargeboten werden soll, so ist durch eine einfache Berechnung auf Grund der Beschaffenheit sowohl der einzelnen Brutwabe, wie des ganzen Brutkörpers das rechte Maßverhältnis leicht zu finden. Es ist ein Hohlraum von 40 cm Höhe, 25 cm Breite und 31,5 cm Tiefe, mit anderen Worten neun Waben von 40 cm Höhe, 25 cm Breite und 3,5 cm Dicke (mit Gasse). Neun solcher Waben enthalten genau 31,500 ccm Rauminhalt. Wenn wir die vordere und hintere Wabe als die von uns geforderten sogenannten Deckwaben hinzunehmen, so erhalten wir einen aufrechtstehenden, eiförmigen Brutkörper von 40 cm Höhe, 25 cm Breite und 38,5 cm Dicke, oder genau 38,500 ccm Brut, Pollen- und Honigkörper, also den Mittelwert der beiden Grenzbestimmungen (45,000 und 31,500 ccm), welche wir auf Grund unserer rechten Erkenntnis der Bienenbedürfnisse hinsichtlich des Raumes für Winterstand und Volksentwicklung festgestellt haben. Wenden wir diese wichtige Erkenntnis auf die Lagerbeutenform an, so ergibt sich ein Hohlraum von 40 cm Tiefe, 25 cm Höhe und 32 cm Breite“. [3]

6.2       Anforderungen an eine geeignete Beute

  1. Genügende Warmhaltigkeit, bzw. Schutz gegen zu grosse Kälte, Hitze oder grelle Temperaturunterschiede
  2. Genügende Luftzirkulation auch im Winter, ohne Wärmeverlust
  3. Genügender Innenraum zur möglichst größten Entwicklung der Völker und Aufspeicherung der Wintervorräte [mindestens 31,000 ccm Wabenkörper, ohne Honigernteraum]
  4. Darreichung dieses Innenraumes in Gestalt eines Eikörpers, bzw. eines Wabenkörpers, welcher in seinen Proportionen der Eiform am nächsten kommt, d. i. 9 bzw. 11 Waben von 40 cm Höhe, 25 cm Breite, 3,5 cm Dicke (mit Gasse)
  5. Der aufzuführende Brutwabenkörper muss ein geschlossener reiner Wachszellenkörper sein. [Ganzrahmen im Brutraum]
  6. Beweglichkeit der sämtlichen Waben, leichtes Erlangen und Verrücken der Waben im Stocke
  7. Bequeme Revision, Fütterung, Honigentnahme, Aufstellung[3]

Literaturverzeichnis

[1] F. Gerstung, Grundlagen für die rationelle Ein- und Durchwinterung der Bienen, Verlag Paul Waetzel, 3. Auflage, 50 S., 1902.
[2] O. Rheinheimer, Anleitung zur zeitgemäßen Bienenzucht, Leipzig: Verlag Hachmeister & Thal, 1952; 1. und 2. Auflage.
[3] F. Gerstung, Die Thüringer Bienenwohnung, Verlag F. Gerstung, 5. Auflage, 96 S., 1904.

 

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