Die älteste Belegstelle für die Dunkle Biene – Ohrwaschl bei Tennenlohe – von 1908 bis 1948

Die älteste Königinnenbelegstelle für Apis mellifera mellifera (Dunkle Biene) in Bayern und ab 1920 die größte in der ganzen Welt: „Ohrwaschl“ bei Erlangen/Tennenlohe – von 1908 bis 1948

 

Sigrun Mittl, Dipl. Biol., Bienen-Dialoge.de, Februar 2019

1.        Die imkerlichen Zuchtziele in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die Wege dorthin über Belegstellen und die Zucht von Stämmen und Linien

Die Imker hatten seit Mitte des 17. Jahrhunderts wahllos nahezu alle Unterarten der Westlichen Honigbiene (Apis mellifera) wie z.B. Apis mellifera ligustica, A.m.anatolica, A.m.syrica, etc. nach Deutschland importiert. Im späten 19. Jahrhundert sahen sie sich als Konsequenz einem heillosen Kuddelmuddel in Form von Unterartengemischen und zum Teil stechwütigen Honigbienen an ihren Ständen gegenüber. Die wilden Importe haben dafür gesorgt, dass die einheimische Dunkle Biene nahezu ausgerottet wurde. Naturschutz in dem Sinne, dass einheimische Tier- und Pflanzenarten unter Schutz gestellt sind oder werden müssen, war zwar schon ein Thema, aber leider nicht für die einheimische Honigbienenart, die Dunkle Biene Apis mellifera mellifera, auch wenn der Zoologe Enoch Zander im Jahre 1921 das Wort „Naturschutz“ schon mal benutzte. Wie es geschehen konnte, dass die einheimische Dunkle Biene, die unter Naturschutz hätte stehen müssen, so aus dem Blickfeld geraten ist, sogar bis in die heutige Zeit, ist mir ein Rätsel.

Auf jeden Fall: diesem Chaos wollten die Imkerverbände, koordiniert durch die sog. Reichsfachgruppe Imker (Abk. RfgrI), ein Ende setzen und definierten Zuchtziele, die mithilfe der Einrichtung von Belegstellen und Zuchtrichtlinien umgesetzt werden sollten: „Inzwischen besann man sich, daß wir auch wertvolles einheimisches Zuchtgut besitzen und das Heil in der Bienenzucht nicht etwa von fremdländischen, schön aussehenden Bienen abhängt. Es entstand die neue Belegstellenpraxis unter der Führung des Schweizers Dr. U. Kramer, der die bodenständige schwarze Biene zur ausschließlichen Zucht empfahl.“ [1] „Nigra und Sklenar waren weit verbreitet. Für Nordwestdeutschland war der Stamm Nigra bestimmt.“ [2] Die Unterscheidung von zunächst neun deutschen Zuchtstämmen ist durch die Aufstellung von Standardbeschreibungen auf der Grundlage der neuen Merkmalskunde durchgeführt. Es sind dies die Stämme Nigra, Sklenar, Hessen, Marburg, Hochwald, Alberti, Kordula, Rohrklinge und Mittelland (Abb. 1).

Abbildung 1: Die 9 deutschen Stämme, die für die Belegstellenzucht in Deutschland verwendet werden sollen. In: Goetze, 1939/40 [1]
Goetze (1942; 1940) beschreibt das Problem wie auch die Lösung: „In Deutschland gibt es geschlossene geographische Gebiete mit einheitlichen Rassen [gemeint: Unterarten; Anm.d.V.] kaum noch. Die sinnlose Rassenverpflanzung hat notwendig auch zu einer starken Verkreuzung geführt überall, wo ohne Belegstellen und ohne sorgsame Rassenauslese gezüchtet wurde. Die Rfgr ist nun auf dem Weg, dieses Formenwirrwarr zu beseitigen. Nachdem die rund 400 Reinzucht- und 250 Gebrauchszuchtbelegstellen die Voraussetzung zur Reinpaarung geschaffen haben, muß nun durch eine sorgsame Auslese in Form der Körung auch das klare Leistungs- und Rassenbild entsprechend unserem deutschen Zuchtziel wieder hergestellt werden. Das deutsche Zuchtziel ist, wie schon das Wort sagt, ein Ziel. Es wird also daran gearbeitet, und zwar mit der bekannten deutschen Tatkraft und Gründlichkeit. (…) Welche Rassen stehen uns zur Verfügung? In erster Linie sind dies die beiden im deutschen Sprachgebiet heimischen dunklen Rassen, die sog. „Nordrasse“ (N) Apis mellifica (Linné) und die sog. „Krainer Rasse“ (K) Apis carnica (Pollmann). Beide Rassen sind außerordentlich weit verbreitet auch über das deutsche Sprachgebiet hinaus. Auch gibt es Übergangsformen von einer zur anderen. Die beiden Hauptrichtungen unserer Zuchtbestrebungen sind aber damit festgelegt. (…) Statt aber das Zuchtziel durch Zuziehung neuer Rassen zu erweitern, ist es eine viel näher liegende Aufgabe, das Zuchtziel innerhalb der noch recht vielgestaltigen Hauptrassen Mellifica (N) und Carnica (K) einzuengen und bodenständige Zuchten zu schaffen. (…) Auf diese Weise gelangt er [der Züchter; Anm.d.V.] dann zu sog. Stämmen. Ein solcher ist z.B. der durch seine dunkle Farbe ausgezeichnete Stamm „Nigra“, der in Deutschland neben dem carnicaähnlichen Stamm „Sklenar“ am verbreitetsten ist. Auch innerhalb solcher Stämme sind die Familien (Linien) und Völker durchaus nicht alle gleichwertig nach Leistung, Eigenschaften und Merkmalen. Die Reinzüchter haben nun die Aufgabe, innerhalb der einmal gewählten Zuchtrichtung (Stammwahl) in ihrem Zuchtgebiet „bodenständig“ weiterzuzüchten, d.h. ohne laufenden Nachbezug von gebietsfremden Züchtern (Linienzucht). (…) Die Körung hat dann jeweils von Fall zu Fall zu prüfen, ob die zu Zuchtzwecken gewählten Völker tatsächlich diesem Zuchtziel so vollkommen wie möglich entsprechen. Nur auf diesem Wege werden dann innerhalb der Stämme besonders wertvolle Linien erzielt. (…) Wird auf einer Belegstelle ein Wechsel der Zuchtrichtung (Stammwechsel) vorgenommen, so ist vorher ein entsprechender Antrag zu stellen. “ [3]

„Die Anpaarung neuen ,,Blutes“ darf aber nie aus einer anderen Rasse, sondern immer nur aus einer anderen, ähnlichen Familie derselben Rasse erfolgen. Der kluge Züchter hält sich gern zu diesem Zweck mehrere ,,Linien“. Er erhält sie dadurch, daß er von besonders gelungenen Rassevölkern mehrere Nachzuchtvölker getrennt durch Inzucht weiter vermehrt und dann bei Bedarf zwischen diesen Linien kombiniert (,,kreuzt“). Es ist durchaus die Regel, daß bei größerer  Verbreitung eines Zuchtstammes sich an verschiedenen Stellen verschiedene Linien ohnehin herausbilden, die sogar recht weit unterschieden sein können. Bei deren etwaiger Kombination hat man dann natürlich bereits eine Linienkreuzung fernerer ,,Verwandtschaft“, selbst wenn sie auf ganz die gleichen Urahnen zurückgehen. (…) Unsere deutsche Landrasse ist leider durch die langen Fremdeneinfuhren sehr verunreinigt, und auf bodenständige ,,Urbienen“ können wir kaum noch zurückgreifen.“ [4]

„So sind sämtliche künstliche Zuchtformen, sog. ,,Stämme“, immer aus bestimmten geographischen Rassen bzw. ihren Kreuzungen entstanden.“ [4]

Abbildung 2: Ausschnitt aus einem Zuchtbuch [3]

In Deutschland gab es schon einen Ort, an dem die Vorstellungen von Goetze vorbildhaft durch einen Wissenschaftler-Kollegen fast 30 Jahre früher umgesetzt wurden, nämlich an der Königlichen Anstalt für Bienenzucht in Erlangen. Zander hat sich dort dazu entschlossen, die einheimische Dunkle Biene Apis mellifera mellifera zu erhalten. Damit wollen wir uns nun im Weiteren beschäftigen.  Ich habe mich dazu entschlossen, aus den Berichten für die Landesanstalt für Bienenzucht Erlangen, die ich alle ausgewertet habe,  Abschnitte aus den unterschiedlichsten Jahren zu präsentieren und dies ziemlich ausführlich. Für Laien, die sich nicht direkt mit der Zucht der Dunklen Biene beschäftigen, mag das zu viel Information sein. Mir war aber daran gelegen, dieses Wissen wieder einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Auf diese Weise erhalten Sie ein gutes Gefühl für die wissenschaftliche Herangehensweise Zanders und die Entwicklung der Zucht der Dunklen Biene.

2.        Die Anstalt für Bienenzucht Erlangen

Am 1. November 1907 wird in der deshalb später als „Bienenstadt“ bezeichneten Stadt Erlangen per Bekanntmachung durch das Königliche Staatsministerium des Innern im Anschluss an das Zoologische Institut der K. Universität Erlangen die Anstalt für Bienenzucht errichtet und eröffnet. Die Oberleitung der Anstalt wurde Prof. Fleischmann übertragen, die Leitung der wissenschaftlichen Abteilung Dr. Zander und die Leitung der praktischen Abteilung Herrn Hofmann. [5] Angegliedert waren der Bienengarten in Erlangen, in dem die Zucht-, Wirtschafts- und Wandervölker standen sowie die Belegstelle im Reichswald bei Tennenlohe.

3.        Die älteste und erste Reinzuchtbelegstelle für die Dunkle Biene in Bayern –  „Ohrwaschl“  bei Erlangen/Tennenlohe

Trotz tagelanger Literaturrecherchen fand ich keine Artikel über die Anfänge der Belegstelle und damit über die Geschichte der Herkunft der für die Zucht verwendeten Honigbienen.

Das ging Prof. Zander (1926) aber nicht anders: „Die Gründungsgeschichte der Belegstelle ist etwas in Dunkel gehüllt. Obgleich ich schon damals an der Anstalt tätig war, habe ich nichts davon erfahren. Mein Gewährsmann Johann Merz (…) hat mir einiges davon erzählt. Danach ist der Gedanke zur Errichtung einer Belegstelle von Landesinspektor Hofmann ausgegangen, der den Nutzen der Belegstellen in der Schweiz erfahren hatte. Die „Ohrwaschl“ hat aber Merz (…) vorgeschlagen. (…) Was ich über die Gründung der „Ohrwaschl“ in der Literatur finden konnte, ist folgendes. Zu der Bemerkung von Dr. Manger (Bayr. Bienenzeitung Jahrg. 45 Nr. 1 S. 45, 1923): „Die Belegstelle Hög (bei Ingolstadt) ist die älteste bayrische Belegstelle“ setzt Hofmann die Fußnote: „Die erste Königinnenbelegstelle in Bayern wurde von mir errichtet und zwar für die Anstalt für Bienenzucht in Erlangen auf der Ohrwaschl (Münchner Bienenzeitung 1908, S.257). Der fragliche Aufsatz, der den Titel führt „Hofmann, Der Bienengarten mit den Versuchs- und Lehrbienenständen“ enthält aber nur die Bemerkung: „Im Laufe des Sommers soll an einer isolierten Stelle im Reichswalde ein Befruchtungsbienenstand zur Reinzucht von Königinnen angelegt werden.“ Ob das wirklich noch 1908 geschehen ist oder erst 1909, weiß auch Merz sich nicht mehr sicher zu entsinnen, obgleich er die Belegstelle selbst eingerichtet hat.“ [6]

Im 1. Jahresbericht der K. Anstalt für Bienenzucht in Erlangen für das Jahr 1908 finden wir den ersten Hinweis auf die Belegstelle für die Dunkle Biene: „Belegstationen für reinrassige deutsche Königinnen haben errichtet und werden Königinnen angenommen: (…) Kreisbienenmeister Thoma in Nürnberg (zu adressieren an J. Lucas, Eisenbahnstreckenvorarbeiter in Feucht bei Nürnberg, (…) K. Anstalt für Bienenzucht Erlangen“ [7] und im Bericht der K. Anstalt für Bienenzucht für 1909 finden wir den ersten Hinweis auf den Namen der Belegstelle: „Ein Hauptaugenmerk wurde auf die Reinzucht der deutschen Bienenrasse gerichtet und eine Belegstation im Reichswalde (Ohrwaschel) in 1 ½ stündiger Entfernung von Erlangen geschaffen.“ [8]

 3.1       Die Lage der Reinzuchtbelegstelle „Ohrwaschl“  und ihre Geschichte – Zander (1926) berichtet:

„Im Süden dehnt sich das historische Bienengebiet des Reichswaldes, des Deutschen Reiches Bienengarten, aus, dessen große Heideflächen noch für lange Zeit eine unerschöpfliche Honigquelle darstellen.“ [9] In diesem Reichswald richtete die Anstalt für Bienenzucht „im Forstbezirk Kalchreuth und in der Waldabteilung „Ohrwaschl““ [10] die erste Reinzuchtbelegstelle für  Dunkle Bienen ein. Zander geht in einem Artikel von 1926 sehr genau darauf ein: „Auf jeden Fall bezeichnet der Platz einen Steinbruch auf einem der höchsten Punkte des umliegenden Waldgebietes, wo ein vorzüglicher Bausandstein, der sog. Burgsandstein, ansteht (…). Der Steinbruch war bis zum Jahre 1912 an einen Unternehmer verpachtet, (…). (…) da die Ohrwaschl nicht nur an einem festen Fahrwege zwischen Uttenreuth und der Nürnberger Staatsstraße über Neunhof, sondern auch zu einem viel begangenen Fußwege von Nürnberg über Kalchreuth nach Erlangen liegt. (…) Er (der Platz; Anm.d.V.) liegt vom Bienengarten (in Erlangen; Anm.d.V.) in nordöstlicher Richtung der Luftlinie nach etwa 5 ½ km, von allen übrigen mit Bienen besetzten Ortschaften mindestens 3,25 km entfernt. Die Sandsteingewinnung hat aus der Kuppe eine weite Mulde herausgewühlt, die teilweise von hohen Böschungen umgeben sich gut aus dem Grün des umliegenden Nadelholzes abhebt und selbst bei stürmischem Wetter sehr geschützt ist.“ [6]  Abb. 3 zeigt ein Bild der ersten Einrichtung von 1909 oder 1910, das wahrscheinlich von Dr. Metzer aufgenommen wurde.

Abbildung 3: Die Belegstelle „Ohrwaschl“ in ihren Anfängen. Photo: wahrscheinlich Metzger, 1909 oder 1910; In: [6]
Zander (1926) berichtet weiter:  „Das eingezäunte Plätzchen lag versteckt hinter einem großen Brombeerbusch im hinteren Winkel des vorderen noch im Abbau begriffenen Steinbruches nicht weit von den Wohnstätten hart an der Felswand. Man sieht den unter einem Satteldach geschützten „Dröhnerich“ vom Stamm Nigra aus der Schweiz und einige Begattungskästchen am Boden (Abb.3). Nach der Übernahme auch des praktischen Betriebs an der Anstalt durch mich im Herbste 1910, blieb die erste Anlage der Belegstelle nicht mehr lange bestehen. Nur im Sommer 1911 und 12 wurde sie noch benutzt. Mit der zum 1.1.1912 in Aussicht genommenen Auflassung des ganzen Steinbruchbetriebes, die am 1.5.1912 verwirklicht wurde, war der Fortbestand der Belegstelle überhaupt in Frage gestellt. Doch gelang es uns, das Forstamt Heroldsberg zu bestimmen, uns nicht auch von der Ohrwaschl zu verjagen. Ja, das Forstamt erklärte sich sogar bereit, uns mit Rücksicht auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der Bienenzucht und die gesteigerten Anforderungen einen 4 Ar [400 m²; Anm.d.V.] großen Platz im hinteren schon länger aufgegebenen Steinbruchteile (…) zu überlassen. Sie wurde 1912 mit einem 2m hohen Drahtzaun umfriedet und 1913 mit der zeitgemäß ergänzten Einrichtung in Betrieb genommen. Das beigegebene Bild (Abb. 4) zeigt sie in ihrer ersten Anlage nebst den Teilnehmern des Königinnen-zuchtkurses 1913.

Abbildung 4: Staatliche Belegstelle mit Königinnenbegattungskästchen und Teilnehmern des Zuchtkurses 1913; Photo wahrscheinlich Zander 1913; In: [6]
Um die aufgestellten Begattungskästchen etwas mehr unter Schatten zu bringen, bepflanzten wir den Platz innerhalb und außerhalb des Zaunes im Frühjahr 1913 mit Akazien und innen rings um den Zaun mit Schneebeeren (…). Auf Pfosten festgeschraubt standen die Begattungskästchen in mehreren Reihen und weitläufig vor und neben dem im Hintergrunde des Bildes erkennbaren Drohnenvolkes. Langsam wuchsen die Akazienbäumchen während der Kriegsjahre heran und mußten alljährlich ausgelichtet werden, um den Ausflug der Bienen und Königinnen nicht zu behindern (Abb. 5). (…)

Abbildung 5: Eingang der Staatlichen Belegstelle „Ohrwaschl“ ca. im Jahre 1913; Photo: wahrscheinlich Zander. In: [6]
Am 19. Juli 1921 erklärte sich die Anstalt unter Nr. 5020 damit einverstanden, daß der Vertrag vom 31.10.15 (mit dem K. Forstamt Heroldsberg; Anm.d.V.) betr. Überlassung der Ödfläche in Abt. Alte Schmiede als Königinnenbelegstelle so lange stillschweigend als verlängert gilt, bis von einer Seite Kündigung erfolgt. Schon während des Krieges stellten wir, sobald die Königinnenzucht abgeschlossen war, zur Vorsorge unsere Wandervölker Ende Juli auf die Belegstelle, um sie durch den Drahtzaun und Stacheldraht besser vor fremden Händen zu schützen. An dieser Gepflogenheit haben wir bis heute festgehalten [1926; Anm.d.V.]. Die nach dem Kriege sich rasch wieder steigernde Nachfrage nach Königinnen nötigte uns, an eine erneute Erweiterung der Belegstelle heranzutreten, um die Zahl der aufzustellenden Königinnen nach Belieben vermehren zu können. (…) Die schon im August 1919 nachgesuchte Zustimmung der Forstbehörde erhielten wir bald. (…) Nachdem schon im Herbste 1919 mit den Forstbehörden ein grundsätzliches Einvernehmen über die Erweiterung der Belegstelle erzielt, am 16. Februar 1920 der neue Platz abgesteckt war, konnte am 18. Februar der erste Spatenstich getan werden. Dann wurden die Bäume gefällt, Zaunpfosten zugeschnitten und gesetzt. Am 1. März begann das Spannen des Drahtgeflechtes und Stacheldrahtes (…). Am 5. März war der Zaun fertig, in dem ein großes doppeltüriges Ein-fahrtstor und ein kleiner eintüriger Personeneingang eingebaut waren. Nach Fertigstellung der Umzäunung, die wegen der haus-hohen Felsböschung an der Südseite in der Hauptsache nur auf der Ost-, Nord- und Westseite nötig war, ließen wir den Platz ebnen und den Zufahrtsweg ausbessern. Die von dem zwei Meter hohen Zaun umgrenzte Fläche, die etwa 1500 qm umfaßt, liegt auf allen Seiten völlig windgeschützt in der Mulde eines aufgelassenen Steinbruches. Zwei hier während der Ausbeutung entstandene Abraumhügel, mit niederen Föhren bewachsen, beleben das Bild (siehe auch Abb.10). Die schon vor dem Kriege angepflanzten Akazien sind unterdessen zu schattenspendenden Bäumen herangewachsen (Abb. 6).

Abbildung 6: Staatliche Belegstelle „Ohrwaschl“, mit Robinien eingewachsen; Photo wahrscheinlich Zander ca. 1920; In: [6]
An den Böschungen und Schutthalden wurden Terrassen angelegt und auf ihnen die Pfosten für die Königinnenbegattungskästen verteilt. Die wechselnde Bodengestaltung gestattete eine sehr mannigfaltige Aufstellung der Kästchen, wodurch die Begattungsergebnisse sehr günstig beeinflusst wurden. Nachdem am 9. April die Begattungskästchen aufgestellt waren, bot die Anlage ein reizendes Bild dar. Obgleich der Platz 500 Königinnen aufnehmen kann, mußten wir uns vorerst aus Mangel an Mitteln mit 50 Doppelkästchen für 100 Königinnen bescheiden. (…) Am 24. April wurde die neue Belegstelle mit der Überführung des Drohnenvolkes in Betrieb genommen.“ [6]

Abbildung 7: Das Arbeitsfeld der Kgl. Anstalt für Bienenzucht. 1. Bienengarten, 2. Wanderplatz in Kosbach, 3. Wanderplatz in der Heide, 4. Belegstelle der Königinnen vom 15. Mai bis 15. Juli, Kreis: bienenfreier Umkreis der Belegstelle während der Zeit der Königinnenzucht. In: Zander 1917 [9]

3.2       Die Schaffung eines 32 km² großen Ohrwaschl-Schutzgebietes im Jahre 1920 – Des Deutschen Reiches Bienengarten lebt zum ersten Mal wieder auf – Ohrwaschl wird zur größten Belegstelle für die Dunkle Biene auf der ganzen Welt

Voller Stolz und Freude skizziert Zander (1926) die Aufwertung der Belegstelle hin zu einem riesigen Belegstellenschutzgebiet und lobt die sehr gute Zusammenarbeit mit den Forstbehörden: „Die Besichtigung (am 21.Juli 1920; Anm.d.V.) bot auch Gelegenheit zu einer eingehenden Aussprache mit der obersten Forstbehörde über Verbesserung der Bienenweide im Bereiche der Belegstelle durch Anpflanzen durch Ahorn, Akazien und anderen honigenden Bäumen und die Beseitigung hohler Bäume, in denen sich verflogene Schwärme ansiedeln könnten. Das Ergebnis der mündlichen Besprechung an Ort und Stelle, die auch in einer am 28.2.1921 vorgelegten Eingabe zum Ausdruck kam, war ein Erlaß der mittelfränkischen Regierung an die Forstämter Erlangen-Ost und Nürnberg-Nord Nr. 2409 v. 19.3.1921, wonach das rings um die Ohrwaschl  gelegene Waldgebiet von etwa 32 qkm zu einem „Ohrwaschl-Schutzgebiet“ für unsere Zwecke erklärt wurde. Da diese Verfügung geradezu vorbildlich für alle Zukunft bleiben wird, mögen ihre wichtigsten Bestimmungen im Wortlaute wiedergegeben werden. 1. Alte hohle Bäume sind innerhalb des oben beschriebenen Ohrwaschl-Schutzgebietes zu beseitigen, soweit es sich mit den Belangen des Naturschutzes und der Forstwirtschaft vereinbaren läßt. In manchen Fällen wird ausmauern der Hohlstellen oder auch nur Verstopfen mit Lehm genügen (…). [Diese Maßnahme wäre heute aufgrund des Schutzes der Höhlenbäume im Bundesnaturschutzgesetz indiskutabel! Anm.d.V.] (…). 3. In der Zeit vom 1. April bis 1. August jeden Jahres dürfen keine fremden Bienenvölker innerhalb des Schutzgebietes zur Aufstellung gelangen; ausgenommen ist die Belegstelle des Imkers Merz zwischen Weiher und Kalchreuth. (…). Diese Verfügungen sind nicht, wie sonst so oft, auf dem Papiere geblieben. Die zuständigen Forstämter haben tausende von Akazien und anderen geeigneten Bäumen im Ohrwaschlgebiet, auf Ödungen und an den Waldwegen angepflanzt und trotz des Wildschadens manchen davon hochgebracht. Den durchgehenden Schwärmen sind die Unterschlupfmöglichkeiten in der gewünschten Weise geraubt worden. Ab und zu wurde von den Waldarbeitern ein Schwarm entdeckt und als willkommene Beute aus dem Schutzgebiete hinausgeschafft. So konnte im nördlichen Randgebiete des Sebalder Forstes mit sehr geringen Kosten eine in jeder Beziehung mustergültige Belegstellenanlage geschaffen werden, die (…) die einstige Bezeichnung dieses Waldgebietes als „des Deutschen Reiches Bienengarten“ wieder zu Ehren bringt, (…).“ [6] (Siehe auch Mittl (2016, 2017) „Deutschlands Bienengarten“ [11] [12]). Zeitgleich entsteht „mit der verständnisvollen Förderung der Forstbehörden“ dadurch die größte Belegstelle für die Dunkle Biene auf der ganzen Welt. [10]  Zugleich wurde beschlossen, Belegstellen an geeigneten, von Bienenseuchen freien Plätzen überall in Mittelfranken einzurichten. [13]

Abbildung 8: Muster eines Meßtischblattes 1:25 000 mit eingetragener Belegstelle (x), bienenfreies Belegstellenschutzgebiet (innerer Kreis), Reinzuchtgürtel (äußerer Kreis) und nächstgelegenen Bienenständen (•); In: Heft 1 Zuchtwesen. [14] Es zeigt zufällig die Belegstelle Ohrwaschl.

3.3       Das Zuchtziel auf der Reinzuchtbelegstelle „Ohrwaschl“ bei Erlangen/Tennenlohe

Im Bericht der K. Anstalt für Bienenzucht für das Jahr 1909 finden wir den ersten Hinweis auf das Zuchtziel der Belegstelle „Ohrwaschl“: „Ein Hauptaugenmerk wurde auf die Reinzucht der deutschen Bienenrasse gerichtet und eine Belegstation im Reichswalde (Ohrwaschel) in 1 ½ stündiger Entfernung von Erlangen geschaffen.“ [8]

 

Im praktischen Teil des 1. Jahresberichtes für das Jahr 1908 skizziert Hofmann (1909) das Zuchtziel: „Die Königinnenzucht wurde nach Art der Amerikaner, der Schweizer, nach dem Verfahren der österreichischen Imkerschule und nach eigener Methode des Leiters der praktischen Abteilung betrieben. Leider vereitelten die ungünstigen Trachtverhältnisse des Sommers 1908 die geplante Durchführung größerer Versuche und die Heranzucht eines Überschusses an Königinnen deutscher Rasse zwecks Abgabe an bayerische Bienenzüchter. (…) Die Sucht nach dem Neuen und Fremden hat leider unsere Bienenzüchter verleitet, fremde Bienen einzuführen und planlos die bewährte heimische Biene zu bastardieren. Die zunehmenden Bienenkrankheiten und die Mißerfolge der beiden letzten ungünstigen Jahre ließen den Fehler erkennen und besteht die Hoffnung, daß der Reinzucht der deutschen Biene nun mehr Aufmerksamkeit zugewendet wird.“ [15]

 

Zander (1914) begründet das Ziel noch etwas ausführlicher: „Eine wichtige Aufgabe unserer praktischen Tätigkeit ist die P f l e g e  d e r  h e i m i s c h e n  B i e n e n  r a s s e. In Deutschland war einst die einfarbige dunkle, biologisch scharf charakterisierte Apis mellifica var. mellifica verbreitet. Heute trifft man sie höchstens noch auf ganz entlegenen Gehöften. Auf den meisten Bienenständen ist sie durch die in den letzten 50 Jahren massenhaft eingeführten fremdländischen Bienenrassen so stark verbastardiert, dass man kaum noch reine Stämme findet. Da die ausländischen Rassen für unsere klimatischen Verhältnisse wenig geeignet sind und die Leistungen der heimischen Bienen sehr herabgedrückt haben, ist die Ausmerzung des fremden Blutes durch planmäßige Wahl- und Rassenzucht eine dringende Forderung der Gegenwart. Mit Rücksicht auf die eigenartigen Vererbungsverhältnisse bei den Bienen, die in der Luft erfolgende Begattung und den weiten Flugkreis der Drohnen können solche Bestrebungen nur an Plätzen verwirklicht werden, die auf mindestens 4 km Umkreis bienenfrei sind. Wir unterhalten deshalb an einer ganz entlegenen Stelle des Nürnberger Reichswaldes eine ,,B e 1 e g s t a t i o n“, auf der die Begattung durch bestimmte Drohnen garantiert wird.“ [16]

Abbildung 9: Züchterschulung 1934 auf der Belegstelle „Ohrwaschl“ bei Tennenlohe. Photo: Wohlgemuth. In: [31]
Abbildung 10: Die Belegstelle „Ohrwaschl“ zur reinrassigen Begattung der Königinnen. Vorne die Königinnenbegattungskästchen, hinten ein Zandermagazin mit dem Drohnenvolk. Photo: wahrscheinlich Zander, spät. 1914 aufgenommen. In: [16]
Zander (1916) appelliert auch an die einzelnen Imker: „Die Auslese nach Rassemerkmalen wird gleichfalls in Zukunft sehr notwendig sein, um die heimische dunkle Bienenrasse von dem fremden Blute zu reinigen, das sie infolge der sinnlosen Einfuhr fremder Stämme im Übermaße in sich aufgenommen hat. (…) Vorerst müssen reine Stämme gezüchtet werden, die sich zu Kreuzungsversuchen eignen. (…) Trotzdem kann der Einzelne viel zur Veredelung der deutschen Biene beitragen, wenn er sein Heil künftig nicht mehr in ausländischen Rassen, sondern in der planmäßigen Zucht heimatlicher, bodenständiger Stämme sucht, denn ein Tier leistet nur dann etwas, wenn es sich den Lebensbedingungen seines Wohngebietes vollständig angepaßt hat.“ [17]

3.4       Die Unterart Apis mellifera mellifera L. mit den deutschen Stämmen wie z.B. Nigra, Wilhelmina und Dora als Grundlage der Zucht sowie Aussagen zu den Stämmen der Drohnenvölker für die Reinzuchtbelegstelle „Ohrwaschl“

Im Bericht der Anstalt für das Jahr 1911 finden wir einen Beleg über die Herkunft der Honigbienen für die Zucht: „Zu dem Zweck züchteten wir teils von den erworbenen deutschen Stämmen Nigra und Wilhelmina, deren Mütter früher aus der Schweiz bezogen waren, nach, teils von einer neuen dunklen Königin bayerischer Herkunft, deren von Nigradrohnen befruchtete Nachkommen den Namen Dora erhalten haben. Die Ohrwaschel im Reichswalde diente wieder mit bestem Erfolge als Belegstation.“ [18]

Abbildung 11: Die drei Bienenwesen; Arbeitsbiene, Königin, Drohne (von links nach rechts); Photo: Zander. In: [48]. Anm.d.V.: Ich schätze, dass es sich um Honigbienen des Stammes Nigra handelt.
Der Bericht für 1912 gibt einen guten Einblick: „Viel Zeit und Sorgfalt haben wir bisher auf die Nachzucht guter Königinnen verwendet. Dazu ist bei der Verschiedenartigkeit der im Bienengarten aufgestellten Rassen eine einwandfreie Belegstation unerläßlich. (…) Im ganzen kamen 84 Königinnen zur Belegstation, von denen 46 aus Schwarmzellen, 13 aus Nachschaffungszellen und 25 in künstlichen Weiselzellen gezüchtet wurden. infolge des sehr wechselnden regnerischen Wetters gingen viele Königinnen auf den Hochzeitsflügen verloren. (…) Zur Begattung wurden nur reinschwarze Drohnen unserer besten Zuchtstämme benutzt und zwar: vom 26. Mai bis 8. Juni vom Stamme Berta, vom 8. Juni bis 28. Juni vom Stamme Ida und vom 28. Juni bis 15. Juli vom Stamme Nigra. Außer reinrassigen deutschen Königinnen züchteten wir verschiedene Kreuzungen zwischen deutschen und anderen Rassen für die weiter oben erwähnten Vererbungsstudien.“ [19] [Die alle im Erlanger Bienengarten standen; Anm.d.V.]

1914: „Aus diesen Gründen wurde auch im abgelaufenen Jahre der K ö n i g i n n e n z u c h t viel Zeit und Mühe gewidmet. Als Drohnenvolk diente das Korbvolk Nr. 49 mit einer reinschwarzen Nigra-Königin und einheitlich schwarzen Drohnen und Arbeiterinnen. Dasselbe kam am 12. Mai auf unsere Belegstation Ohrwaschel im Reichswalde, von wo es Anfang September in den Garten zurückkehrte. Der Korb war auf den Brutraum einer Zanderbeute gestellt, in den sich das Volk im Laufe des Sommers herunterzog. Als die Königin unten war, wurde ihr der Aufgang in den Korb durch ein Absperrgitter verlegt. Obgleich die Drohnenzucht mit allen Mitteln begünstigt wurde, hatte das Volk hervorragende Leistungen aufzuweisen. Im Herbste war der Wabenbau des Korbes ein Honigblock, aus dem 20 kg Honig ausgepresst wurden.“ [20]

1916: „Das Zuchtbuch verzeichnet 71 Königinnen, die von 5 Völkern erzogen worden sind. „Das Nigra x Nigra-Volk Nr. 33 mit der prachtvollen, reinschwarzen Königin Nr. 154 IV. Generation von 1914 und reinschwarzen Drohnen, das 1915 111, 1916 trotz des schlechten Wetters an 30 Pfund Honig lieferte, diente wieder als Drohnenvolk. Es wurde bereits am 28. April auf die Belegstelle gebracht, da die Drohnen in diesem Jahre sehr zeitig flogen.“ [9]

1917: „Getragen von der Überzeugung, daß eine zeitgemäße Bienenzucht lediglich Königinnenzucht ist, wurde für wissenschaftliche und wirtschaftliche Zwecke der Aufzucht und Auslese von rassigen Edelköniginnen die denkbar größte Sorgfalt zugewendet. Als Drohnenvolk diente Nr. 75 mit der Nigra-Königin Nr. 346, VIII. Generation von Nr. 248, geb. 1915, das sich durch eine tiefschwarze Königin und ebensolche Drohnen auszeichnete und im Laufe des Sommers trotz seiner vielen Drohnen 100 Pfd. Honig lieferte. In ihm wurde schon am 7. April durch Einhängen eines Rähmchens mit Kunstwabenstreifen der Drohnenzellenbau angeregt. Am 24. April konnten die ersten bestifteten Drohnenzellen festgestellt werden. Am 2. Mai gaben wir dem Volke ein zweites Rähmchen mit Kunstwabenstreifen, der bereits am 4. Mai durch Drohnenzellen ergänzt und bestiftet war. Nachdem das Volk am 14. Mai seinen Honigaufsatz erhalten hatte, kam es am 21. Mai auf die Belegstelle »Ohrwaschl«, wo es bis zum 3. September verblieb. Es erzog im Laufe des Sommers sehr viele Drohnen, so daß die Begattung der Königinnen jederzeit gesichert war.“ [21]

1918: „Die Königinnenzucht, die trotz vieler Schwierigkeiten mit aller Sorgfalt betrieben wurde, zeitigte vorzügliche Ergebnisse. Als Drohnenvolk diente wie 1917 das Nigra-Volk Nr.75 mit der Königin Nr. 346, VIII. Gen. von Nr. 248 geschlüpft im Jahre 1915 (Erbformel  VIII.248 – 75.1915 ), das 1916 52,20 Pfd., 1917 100 Pfd. Honig lieferte und 1918 wieder das beste Volk des ganzen Betriebes war.“ [21]

1919: „Infolge der geradezu unglaublichen Nachfrage nahm die Königinnenzucht auch im Berichtsjahre einen breiten Raum im Betriebe ein, konnte aber infolge der geringen Betriebsmittel bei weitem nicht in dem Umfange durchgeführt werden, daß alle Wünsche befriedigt wurden. Viele Besteller mußten auf später vertröstet werden. Als Drohnenvolk diente das Volk Nr. 75 mit der Königin Nr. 505 Nigra IX. Generation von 346 aus dem Jahre 1918. Es zeichnete sich durch Sanftmut und Emsigkeit aus und lieferte trotz des denkbar ungünstigen Sommers 29,600 kg Honig. Es kam am 13. Mai auf die Belegstelle Ohrwaschl, wo es bis zum Ende der Heidetracht am 8. September verblieb.“ [21]

1921 lesen wir: Drohnenvolk Nr. 50 auf die Belegstelle verbracht mit der Siegfriedkönigin Nr. 699 von 550 vom Jahre 1919. „Nachgezüchtet wurde von verschiedenen Siegfried- und Nigra-Stämmen.“ [22] Eine Stammmutter wurde konserviert!! Ungeheure Nachfrage nach geprüften Königinnen.

1922: „Mit den Drohnenvölkern wurde im Laufe des Sommers gewechselt: Vom 23. Mai bis 28. Juni stand das Volk Nr. 56, Siegfried Nr. 738 I, 515 – 1920 vom 28. Mai bis 7. September das Volk Nr.36, Nigra Nr. 840   XI, 572 – 1921 auf der Belegstelle.“ [23]

1924: „Als Drohnenvolk diente Nigra Nr. 845, X, 505 – 27, 1921 , (…). Es kam am 27. Mai auf die Belegstelle, die wir am gleichen Tage einrichteten und mit den ersten Königinnen bevölkerten. (…) Trotz des ungünstigen Wetters war das Begattungsergebnis auf der Belegstelle sehr befriedigend. Von den 158 auf die Belegstelle verbrachten Königinnen wurden 136 = 86,1% begattet, wesentlich mehr als in den vorangegangenen Jahren.“ [24]

1928: „Am 15. (Mai) wurde das Drohnenvolk auf die Belegstelle geschafft“. (…) Nach der Heimkehr der letzten Königinnen bauten wir die Belegstelle am 31. (Juli) ab.“ [25]

Noch ein Beispiel von 1929 aus dem Bericht der Anstalt: „Als Drohnenvolk diente Nr. 31 mit der Nigra-Königin Nr. 1990 XIV, 1926 – Z.3.1927 “ [26]

Abbildung 12: Die Belegstelle „Ohrwaschl“ im Nürnberger Reichswald, links Könginnenkästchen, rechts Drohnenstöcke. Photo: Zander, wahrscheinlich 1920; In [48]

3.5       Im Erlanger Bienengarten – Der Bestand an Zuchtstämmen und Zuchtergebnisse

Im Bienengarten, der der Anstalt für Bienenzucht angegliedert war und in der Stadt Erlangen eingerichtet wurde, standen sowohl die Ertrags- wie auch die Zuchtvölker, sofern sie nicht auf Wanderschaft bzw. auf der Belegstelle waren und Völker anderer Unterarten: „Die charakteristischen Kennzeichen der wichtigsten B i e n e n r a s s e n werden den Gartenbesuchern an typischen Rassenvölkern vorgeführt. Apis mellifica var. mellifica, var. carnica, var. ligustica und var. cypria sind in blendend weissen Kästen untergebracht, so dass ihre Merkmale leicht in die Augen fallen.“ [16]

Abbildung 13: Auszug aus einer Tabelle, die Überblick gibt über verwendete Zuchtstämme in der Landesanstalt für Bienenzucht. In: [19]
1914 zählt Zander auf: „32 Königinnen gehörten der dunklen, deutschen Rasse (Apis mellifica var.mellifica L.) an, von der die Stämme Nigra, Wilhelmina, Ida und Berta gezüchtet werden, 24 waren Bastarde. Dazu kamen eine Heidekönigin (Apis mellifica var. Lehzeni von Buttel-Reepen), eine norische (Apis mellifica var. carnica Pollm.), eine italienische (Apis mellifica var. ligustica Spin.) und eine kaukasische Konigin (Apis mellifica var. remipes), ein Geschenk der Seidenzuchtstation in Tiflis.“ [20]

1915: „Die an die vorjährigen Königinnen geknüpften Hoffnungen haben sich vollauf erfüllt. Der Stamm Nigra x Nigra darf als reinrassig bezeichnet werden. Königinnen und Drohnen sind auffallend dunkel. (…).  Der Stamm Wilhelmina x Nigra ist rassig noch nicht ganz einwandfrei.  (…) Die Stämme Ida und Berta ließen wir eingehen, da ihre Weiterzucht keine Vorteile versprach.“ [27]

1916: „Das Zuchtbuch verzeichnet 71 Königinnen, die von 5 Völkern erzogen worden sind. (…)  Auch an dem Bienenstande der Anstalt ging das Kriegsjahr 1916 nicht spurlos vorüber. Besonders zu bedauern ist es, daß die mit viel Mühe in den letzten Friedensjahren gehegte und gepflegte Gruppe fremdländischer Bienenrassen aufgelöst werden mußte, da sämtliche Völker beim Schwärmen oder im Stillen verbastardierten und ein Ersatz infolge der Kriegsverhältnisse nicht möglich war.“ [9]

1917: „Die Färbung der Königinnen war durchgehends sehr einheitlich. Von den 37 Nigraköniginnen fielen 32 = 86,4 % rein und tiefschwarz aus. Nur 5 = 13,6 % wiesen eine wenig auffällige lichtere Färbung des Hinterleibes auf.“ [21]

1918: „Während die Wilhelmina- und Kauka – Nigra – Völker, wie nicht anders zu erwarten war, sehr verschiedenfarbig ausfielen, befriedigte das Aussehen der Nigra sehr. Gegen 86,4% im Jahre 1917 waren 88% rein schwarz. (…) Der Stamm (…) zeigte keine Fehlfarbe und zeichnete sich durch die tiefschwarze Färbung und ideal schlanke Gestalt der Königinnen aus. Von den im Zuchtbuche eingetragenen Königinnen wurden 81 verkauft und bewährten sich, soweit uns darüber Berichte zukamen, vorzüglich. Eine Nigra IX wurde an die Belegstelle des badischen Landesvereines für Bienenzucht abgegeben.“ [21]

1919: „Unter den neuen Königinnen zeichneten sich die Nachkommen von Nr. 515 Nigra X von 371 – St.Nr. 23, 1918, die samt ihren Schwestern bereits im Vorjahre durch ihre Farbenstetigkeit auffiel, auch im Berichtsjahre durch diese Eigenschaft auf. Von den gezüchteten 12 Königinnen waren 10 = 83 % rein und tiefschwarz. Nur 2 = 17 % zeigten kaum bemerkbare hellere Zeichen am Hinterleib. Die Mutterkönigin Nr. 515 und ihre Drohnennachkommen waren der Gegenstand eingehender, äußerst interessanter Studien über die Entwicklung der Färbung, zu deren Abschluß hoffentlich der Betrieb des nächsten Jahres Zeit läßt. Drohnen wie Königinnen sind durch ein eigenartig tiefes, kohleähnliches Schwarz des Panzers gekennzeichnet, das bei keinem anderen Nigrastamm bisher gesehen wurde. Ausfliegende Drohnen, von denen gegen 1000 untersucht werden konnten, ähnelten lebenden Kohlenbrocken. Es unterliegt keinem Zweifel, daß mit diesen Abkömmlingen eine neue Erscheinung in unserem Rassenbestand eingetreten ist. Wir haben daher für sie eine neue Bezeichnung festgelegt und werden die Königin Nr. 515 und ihre Nachkommen als Siegfriedstamm weiterführen.“ Ein Stamm wird dieses Jahr aufgegeben: „Da auch die stechlustigen hellen Wilhelminavölker keine besonderen Vorteile versprechen, werden wir uns für wirtschaftliche Zwecke vorerst auf die Zucht von Nigravölkern beschränken.“ [21]

Im Jahre 1920 wies die Anstalt viele Siegfried-Königinnen auf, die tiefschwarz waren. [13]

1923: „Seitdem wir im Jahre 1912 mit einer Buchung begannen, sind (…) 1104 Königinnen auf der Belegstelle „Ohrwaschl“ begattet worden, von denen 609 in andere Hände übergingen, während 495 im eigenen Betrieb Verwendung fanden. (…) Auch eine aus Järna in Schweden erhaltene Königin diente der Nachzucht. Sie gleicht in Form und Farbe einer deutschen Königin.“ [28] Zur Zucht verwendet wurden Königinnen von den Stämmen Siegfried, Nigra, Wilhelmina, Forchheim, Gabermühle. [28]

1924: „Herr Dr. Brünnich Reuchenette (Schweiz) schenkte der Anstalt eine bewährte Sigrun-Königin (Nigra), um sie in einem größeren Betriebe erproben zu lassen. Leider wurde sie noch im Herbste von ihrem Volke durch stille Umweiselung beseitigt.“ [24] „Im Ganzen fanden 158 Königinnen Aufnahme in das Zuchtbuch (Nr. 1261 – 1418). Mit einer einzigen Ausnahme gehörten sie den beiden Zuchtstämmen Nigra und Siegfried an. Auf den Nigrastamm entfallen 98 = 62%, auf den Siegfriedstamm 59 = 37,4%. (…) Die Mehrzahl der Nigraköniginnen (70 = 44%) stammen von der bewährten Mutter Nr. 845 (Erbformel X, 505 – 27, 1921), die auch die Drohnen zur Begattung lieferte.“ [24]

1925 wurden vor allem noch Nigra-Völker gezüchtet, da Siegfried keine neuen Vorteile brachte. „Neben manchem guten Volke treten stets viele Fehlzuchten auf. Wir werden deshalb diesen Stamm ganz eingehen lassen.“ [29]

1927: „Andre als Nigra-Königinnen ließen wir nicht aufkommen.“ [30]

1928: Im Bereich der Abhandlung über die Zucht wurden nur die Nigra-Königinnen erwähnt. [25]

1929: „Sämtliche Königinnen gingen aus dem hochwertigen Drohnenvolke hervor, so daß in kurzer Zeit unser ganzer Völkerbestand einheitlicher Abstammung sein wird.“ [26]

Durchschnittlich befanden sich im Oktober 1917 74 Völker im Betrieb. [21] Im Durchschnitt über die Jahre schwankt der Winterbestand zwischen 90 und 100 Völkern. [10]

Abbildung 14: Auf der Staatlichen Belegstelle „Ohrwaschl“: Reichsschulungstagung der Nigra-Königinnenzüchter. Photo 1934; In: [31]

3.6       Die Reise der Wandervölker

1911: „Die betreffenden Völker kommen im zeitigen Frühjahre in die Frühtracht und werden von dort Mitte Juli auf die Spättrachtfarm gebracht. Letztere (Steinbruch Ohrwaschel) liegt fern von allen anderen Bienenständen in einem ausgedehnten Heidegebiet des Nürnberger Waldes. Sie wird im Frühsommer als Belegstation zur Reinzucht deutscher Königinnen benützt. Sie hat sich hierfür dank ihrer isolierten Lage ganz vorzüglich bewährt. (…) Mitte September kommen sämtliche Völker in den Bienengarten zurück. [18]

1912: „Die Bienenvölker entwickelten sich im allgemeinen sehr gut. Eingewintert waren im Herbste 1911 40 Völker, wovon 11 aus der Lüneburger Heide zur Ergänzung des Bestandes als nackte Völker angekauft worden waren.“ [19] Diese entwickelten sich aber nicht gut, was Dr. Zander zu der Aussage bewegte, nur solche Bienen zu züchten, die den jeweiligen Verhältnissen angepasst sind. Die Goldkönigin ist cyprischer Rasse. „Die höchste Gesamtleistung eines Volkes betrug 20kg, die von unseren Goldbienen und vom Volk Nr. 40 unseres einheimischen Stammes Dora erreicht wurde, dann folgte mit 12,900 kg der Stamm Ida. (…) Ende Juli wurden sie (die Völker) in die Heide des Nürnberger Reichswaldes in die Nähe von Dormitz gebracht. Anfangs September kehrten sie in den Bienengarten zurück, (…).“ [19]

1913: „Am 10. April wurden 17 Völker mit einem Lastauto nach Spardorf transportiert, wo wie wieder im Ziegeleihofe (…) Unterkunft fanden. Am 26. Juli wanderten sie zusammen mit einem Volke aus dem Garten in die Heide des Reichswaldes bei Tennenlohe. Am 9. September kamen sie in den Garten zurück.“ [32]

1914: „Nachdem die Völker dort die Feld- und Waldtracht Ende Juni und Anfang Juli mit Erfolg ausgenutzt und sich durch Schwarmzugang um eines vermehrt hatten, wurden die 5 am Wasserwerk verbliebenen und 10 Völker aus Kosbach in den Reichswald bei Tennenlohe gebracht, um die Heidetracht auszunutzen. Am 7. September kehrten diese Völker, am 9. die in Kosbach stehenden 6 in den Anstaltsgarten zurück.“ [20]

1913 oder 1914: „Wir besitzen zurzeit 60 Völker. Von ihnen steht jedoch nur ein Teil beständig im Garten. Etwa 20 Völker befinden sich während des Sommers auf einer A u s s e n s t a t i o n, um die Betriebsweisen unter anderen Lebensverhältnissen zu prüfen. Abb. 15 zeigt sie in der Heide des Nürnberger Reichswaldes, einst ,,des Deutschen Reiches Bienengarten“ genannt.“ [16]

Abbildung 15: Wandervölker in der Heide des Nürnberger Reichswaldes; Photo: wahrscheinlich Zander. In: [16]
1917: „Nach der letzten Honigernte am 24. Juli wanderten die Völker in der Frühe des 29. Juli von Kosbach in die Heide des Reichswaldes.“ [21]

1919: „Am 8. August, dem letzten kühlen Tag, wanderten die meisten Anstaltsvölker in die Reichswaldheide, wo sie infolge der Hochsommerhitze zunächst Tannentracht und dann bis in den September hinein Heidetracht hatten, sich selbst durchweg gut versorgten und auch noch einen, wenn auch nur bescheidenen, Überschuß abwarfen. Im Bienengarten spürte man von der Heide wenig, dagegen trat an Ahornen und Eichen überaus reiche Honigausbildung auf. Die Ahorne waren von oben bis unten überzuckert. (…) Am 8. September kehrten die Wandervölker in den Bienengarten zurück.“ [21]

1928: „Da die Dürre des Vormonats der Heide sehr geschadet hatte, waren wir zunächst sehr im Zweifel, ob wir die Völker überhaupt in den Reichswald schaffen sollten. Trotz der ungünstigen Aussichten brachten wir am 1., 2. und 3. (August) 54 Völker auf die Ohrwaschl. (…) Vom 4. –  6. (September) kehrten die Wandervölker gleichfalls ohne nennenstwerten Ertrag aus der Heide zurück.“ [25]

3.7       Aussagen zu den Honigleistungen der Völker der Anstalt für Bienenzucht Erlangen

1918: „Die Ertragsvölker standen, wie alljährlich, von Mitte Mai bis Ende Juli in Kosbach, im August in der Heide bei Tennenlohe. Ihre Durchschnittsleistung bezifferte sich auf 27,7 kg = 56 Pfd. bei einem Tagesertrag von 11,25 kg. Bei Berechnung des gesetzlichen Höchstpreises von 6 Mk. für 1 kg ergäbe sich als Einnahme allein aus der Honigernte jedes Volkes 166,20 Mk.. Im Wettbewerb um die Höchstleistung stand der Kaukasier- x Nigra-Stamm wie bisher an erster Stelle. Das Kauka-Nigra-Volk Nr. 31 mit der Königin Nr. 302, I. Generation von 1915, brachte bei viermaligem Schleudern nicht weniger als 60,350 kg, also über 120 Pfd. Honig lediglich aus dem Honigraume, das Schwestervolk Nr. 60 mit einer wild begatteten Königin von 1915 41,300 kg. Auch die Nigra x Nigra-Völker der jüngsten Generationen können sehr gute Erträge aufweisen. Das Drohnenvolk Nr. 75 (Königin Nr. 346, VIII. Generation von 1915), das während des ganzen Sommers auf der Belegstelle »Ohrwaschl« stand, lieferte 50 kg.“ [21]

1918: „Die Gesamthonigernte betrug 222,300 kg, woraus sich als Durchschnittsleistung jedes Volkes 5,4 kg ergeben. Die Höchstleistung hatte das Drohnenvolk Nr. 75 mit der Nigra-Königin Nr. 346 VIII. Gen. von Nr. 248  mit 20,500 kg aufzuweisen. Es stand allerdings auf der Belegstelle auch unter wesentlich günstigeren Bedingungen als die übrigen Völker.“ [21]

1919: „Die Gesamthonigernte betrug 221,400 kg. Sie wurde fast ausschließlich aus der Heidewanderung mit 28 Völkern erzielt, denn während des Sommers durfte den Völkern kein Honig genommen werden. Brutableger und Kunstschwärme benötigten sogar eine ausgiebige Nachhilfe. Nur dem Drohnenvolke auf der Belegstelle konnte schon am 24. Juni der Honigraum zum ersten Male entleert werden. Die Durchschnittsleistung der 28 Völker berechnet sich auf 7,842 kg. Die Nigravölker haben die höchsten Erträge aufzuweisen. Unter ihnen steht das Drohnenvolk Nr. 75 (32) Nigra  (Erbformel IX. 346 – 75.1918) mit 29,800 kg an erster Stelle, wobei allerdings die auf der Belegstelle stets sehr günstigen Trachtverhältnisse mit berücksichtigt werden müssen.“ [21]

3.8       Ein Lob auf die Königinnen der Belegstelle „Ohrwaschl“ – sie werden weiterverteilt an andere Belegstellen, Einzelzüchter und in die ganze Welt

Die Kgl. Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Veitshöchheim berichtete über 3 im Vorjahre erhaltene Königinnen unter dem 16. Mai 1916: „Es dürfte Sie interessieren, daß sich die uns seinerzeit übersandten Zuchtköniginnen sehr gut bewährt haben. Die betreffenden Völker zählen zu den besten unseres Bienenstandes.“ [9]

„Der Unterricht folgte dem beigegebenen Stundenplan, in dem auch ein halbtägiger Besuch der staatlichen Belegstelle „Ohrwaschl“ vorgesehen ist, der alljährlich den Höhepunkt des Lehrgangs bildet. (…) Im Laufe des Frühjahres und Sommers wurden 17 Völker auf Bau teils unentgeltlich, teils gegen angemessene Bezahlung an Imker abgegeben. Die Mehrzahl davon war für Belegstellen bestimmt. Insbesondere bekam der Unterfränkische Kreisbienenzüchterverein vier Völker für die im Kreise nach dem mittelfränkischen Vorbilde geschaffenen Kreisbelegstellen bei Schweinheim, Mainstockheim, Schweinfurt und Königshofen i. Grabfeld. (…) Wie sehr sich der Ankauf von Völkern aus guter Quelle lohnt, zeigt der Bericht eines Imkers über ein im Frühjahre um 300M erworbenes Dreiwabenvölkchen mit überwinterter junger Königin: „Königin Siegfried No. 975 Generation II, 669, 50. (…). Das Volk war im ganzen sanftmütig, nur im Hochsommer war es etwas stechlustig. Die Königin hatte im Frühjahr und Herbst ein lückenloses drohnenfreies Gelege, nur während der Schwarmzeit setzte sie ziemlich Drohnen an.“ Im Abschnitt zur „Flugweite der Drohnen“ schreibt Zander: „Herr Oberlehrer Paul Reichhardt in Wilkau (Sachsen) teilte mir folgendes mit: „(…) Wir züchten in unserem Verein dunkle Bienen. (…).“ Weiter schreibt Zander: „Die brauchbarsten Beobachtungen stellte Herr Lehrer Wilhelm in Olxheim bei Kreiensen an, (…). Er begann 1895 die Bienenzucht mit dunklen deutschen Bienen. (…).“ [23]

Abbildung 16: Anzahl der abgegebenen Nigra-Königinnen an andere Stellen in 25 Jahren des Bestehens der Bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen. Zander 1932 [10]
Insgesamt wurden in den ersten 25 Jahren des Bestehens der Belegstelle 2178 Königinnen der Dunklen Biene abgegeben (Abb. 16) und zwar „nicht nur über das ganze deutsche Sprachgebiet, sondern auch nach Rußland, Schweden, Holland, Nordamerika usw. (…).“ [10] Die Mehrzahl der bayerischen Be-legstellen (Stand 1932) „ist heute mit Erlanger Drohnenvölkern oder Nachkommen davon versorgt.“ [10]

4.        Die Belegstelle „Ohrwaschl“ nach dem Zweiten Weltkrieg und der langsame Niedergang der Zucht der Dunklen Biene Apis mellifera mellifera – die letzte Zucht in Erlangen! findet 1959 statt

Ein mir unbekannter Autor schreibt im Internet: „In der Zeit bis zum Zweiten Weitkrieg und die ersten Jahre danach bemühte sich noch eine Reihe von Züchtern intensiv um Reinhaltung und Verbesserung der Dunklen Biene. (…) Nach 1950 ist die Bereitschaft zur Weiterhaltung der Dunklen Biene in Deutschland bereits weitgehend verschwunden, 1955 waren in Bayern von 43 Belegstellen und Belegständen nur noch drei Belegstände für die Nigra-Zucht ausgewiesen.“ [33]

Wohlgemuth (1950) liefert die Begründung für diese Entscheidung der Imkerschaft, die sich leider nur nach der Honigleistung richtete, in einem nordwestdeutschen Prüfbericht: „Die Gegenüberstellung der Völker einzelner Stämme gibt ein klares Bild. Die Erträge sind in Prozent angegeben. Im Berichtsjahr A brachten Nigra 79,5 Prozent, Italiener [Apis mellifera ligustica; Anm.d.V.] 96,8 Prozent,  Troiseck [Carnica-Stamm von Apis mellifera carnica; Krainer Bienen; Anm.d.V.] 171,0 Prozent. Im Berichtsjahr B erreichten Nigra 92,1 Prozent, Italiener 62,0 Prozent und Troiseck 121, 1 Prozent. Das Ergebnis spricht deutlich zu Gunsten der Krainer Bienen.“ [2] Und so entschied sich die Imkerschaft nahezu kollektiv für die Weiterzucht der Carnica-Bienen.

Vom Jahr 1930 bis ´44 habe ich keine Berichte der Landesanstalt für Bienenzucht gefunden. Die Entwicklung in dieser Zeit kann ich daher nicht nachzeichnen. Lassen Sie uns anhand der Berichte der Landesanstalt für Bienenzucht ab 1945 die Entwicklung und den Niedergang der Zucht der Dunklen Biene verfolgen. Im Bericht der Landesanstalt für Bienenzucht klingt das im Jahre 1954 so: „Es war daher ein schwerer Schlag für die Anstalt, als sie im Kriege ihre Belegstelle „Ohrwaschl“ verlor. Darum galt unser erstes Bemühen ihrer Wiederherstellung. Kurze Zeit darauf aber wurde diese Belegstelle wieder unbenutzbar, da sie infolge der Nähe eines Schießplatzes häufig unter Beschuß lag. So mußten wir im Jahre 1949 einen Ausweichplatz suchen, den wir dank dem Entgegenkommen der Forstverwaltung im Markwald, ganz in der Nähe unserer vor dem Krieg benutzten Versuchsbelegstelle, fanden. [Hervorhebung d.d. Verf.] Diese wird bis zum heutigen Tag benutzt. Während zweier Jahre unterhielt die Anstalt auch eine kleine Belegstelle auf der Insel Borkum, um dort zu Versuchszwecken Kreuzungen von Italiener und Nigrabienen zu erzielen. Auf der Suche nach einer näher gelegenen sicheren Belegstelle machten wir im Jahre 1949 einen Versuch auf dem Wendelstein in ca. 1800 m Höhe. Dort wurden im Juli einige Königinnen in Begattungsvölkchen ohne Drohnen aufgestellt. Gleich bei unserer Ankunft auf dem Gipfel aber fanden wir an den dort blühenden Pflanzen sammelnde Bienen, die vermutlich von dem ca. 800 m tiefer und schätzungsweise 3 km entfernten Bayerischzell stammten.“ [34]

31.8.1948 trat Prof. Dr. Zander in den Ruhestand. Im Jahre 1948 wurde auch die Belegstelle „Ohrwaschl“ geschlossen.

1955: „Auf unserer Belegstelle „Hohe Mark“ wurden insgesamt 308 Königinnen aufgestellt. (…) Im Allgemeinen wurde die K-Biene (Krainer) gezüchtet, aber auch eine N-Serie [Nigra; Anm.d.V.] wurde in diesem Jahr zur Begattung aufgestellt, um den Stamm nicht verlorengehen zu lassen.“ [35] Auf den Prüfhöfen auch N-Völker.

1956: „Neben der überwiegend gezüchteten K=Biene  wurde eine Serie der Nigra gezogen, um den Stamm nicht verlorengehen zu lassen.“ [36] Die Belegstelle ist die Hohe Mark.

 1957: „Neben einigen Kaukasierköniginnen wurden ausschließlich Kärnterköniginnen gezüchtet und zwar verschiedene Linien.“ [37] Die Belegstelle ist die Hohe Mark.

1958: „Auch in diesem Jahr führten wir nur K=Zuchten durch, und zwar in drei verschiedenen Linien.  Eine Königinnenserie konnte dank dem Entgegenkommen des Erlanger Imkervereins vom Zuchtvolk des Vereins gezogen und auf dessen Belegstelle „Wolfsfelden“ aufgestellt werden.“ [38]

1959: „Im Berichtsjahr haben wir 5 verschiedene Linien gezüchtet, darunter unsere Nigra. Wie im Vorjahr konnte neben unserer eigenen Belegstelle auch die der Erlanger Züchtergruppe benutzt werden, wofür auch an dieser Stelle gedankt sei.“ [39]

Im Jahre 1959 wurde die Dunkle Biene das letzte Mal Erlangen gezüchtet.

1960: Vier Linien K-Rasse.; 1961: Vier Linien K-Rasse; 1962: Vier Linien K-Rasse, und Kaukasier-Rasse – Zucht auf Langrüsseligkeit; 1963: Immer noch K und Kaukasier, Hohe Mark, aber Ausschau nach neuer Belegstelle Rennsteig; 1964 Immer noch K, Hohe Mark, Reinzuchtgebiet daraus gemacht. Ausschau Belegstelle Königsee; 1965: immer noch K, Hohe Mark; 1966: es wird nicht mehr anders. (Siehe jeweils in „Der Imkerfreund“).

5.        Gedanken zur „Reinheit“ der Dunklen Biene der Belegstelle „Ohrwaschl“ bei Tennenlohe/Erlangen

Wenn eine Reinzuchtbelegstelle die Nigra gezüchtet hat, dann handelt es sich um die autochtone, einheimische Dunkle Biene Apis mellifera mellifera als Ausgangs“material“. Die  Reinzuchtbelegstelle ist dadurch definiert, dass sie ausschließlich von einer bestimmten Unterart züchtet bzw. diese erhält. Natürlich wird dort menschliche Auslese betrieben und keine natürliche, so wie das auch im Rahmen der Arterhaltungszucht in Tiergärten praktiziert wird. Die Honigbienen, die aus der Unterart heraus nach bestimmten Kriterien gezüchtet werden, nennt man einen Stamm: „So sind sämtliche künstliche Zuchtformen, sog. ,,Stämme“, immer aus bestimmten geographischen Rassen bzw. ihren Kreuzungen entstanden.“ [4]  Wenn fachlich hochwertig gearbeitet wird, wie dies Prof. Zander auf seiner Belegstelle „Ohrwaschl“ getan hat, werden keine Kreuzungen und nur gesunde und an die örtlichen Umweltbedingungen angepasste Völker gezüchtet. Ein Beleg dafür wäre es auch, wenn Schwärme aus den Völkern in die Natur entkommen und dort überlebt hätten.

Wenn also die Landesanstalt für Bienenzucht die Nigra gezüchtet hat, kann man mit großem Wohlwollen davon ausgehen, dass man eine der wilden Dunklen Biene sehr sehr ähnliche Honigbiene vor sich hatte, wenn dies auch Ruttner (1992) bezweifelt. Aufschluss darüber könnten nur (morpho-) genetische Untersuchungen bringen. Wer weiß: ich kann mir sehr gut vorstellen, dass einige Schwärme innerhalb der 40 Jahre in die Natur entkommen und sich dort als – wenn auch vielleicht kleine – Population wild erhalten haben könnten!

Im nächsten Kapitel beschäftige ich mich eingehend mit den Themen Arterhaltungszucht, Ökotypen, Varietäten und Stämmen. Damit wollte ich eine Diskussionsgrundlage für die Debatte darum schaffen, ob es möglich ist, die in Deutschland einzige einheimische wilde Dunkle Biene im Rahmen der Belegstellenzucht grundsätzlich als Unterart erhalten zu können.

6.        Die schwarze oder dunkle Biene (Apis mellifera mellifera L.) in Deutschland – die wichtigsten Fakten rund um die Themen Arterhaltungszucht, Ökotypen, Varietäten, Stämme und verwandte Unterarten

In diesem Kapitel möchte ich einige Irrungen und Verwirrungen aufklären, die sich rund um die Dunkle Biene ranken.

Eine dieser Verwirrungen liegt in dem Umstand, dass die Unterart Apis mellifera mellifera L., die Dunkle Biene, die ja in vielen Ländern Europas vorkommt, auch in diesen Ländern als „deutsche oder schwarze Biene“ bezeichnet wurde, wie z.B. im „Schweizerischen Bienenvater“ von 1891 ersichtlich wird: „Die einfärbige deutsche oder schwarze Biene. Die jüngern Bienen haben ein dunkelbräunliches Aussehen, Ihre Heimath ist die Nord- und Zentralschweiz, das nördliche Europa und Frankreich.“ [40] Übersetzt bedeutet das: auch die einheimischen Honigbienen der Schweiz der Unterart A.m.m. wurden als deutsche oder schwarze Biene bezeichnet.

Eine weitere Verwirrung wird durch die Bezeichnung „schwarze Biene“ und deren lateinische Übersetzung (lat. „nigra“) verursacht. In Pollmann (1898) ist die Rede von der in Deutschland lebenden deutschen, schwarzen oder nordischen Biene, die in schwarzer, grauer oder brauner Färbung vorkommt und auch in Europa und Afrika vertreten ist, aber auch in kälteren Gegenden, wie in Rußland, und wärmeren Gegenden wie in einigen Teilen von Frankreich und Italien vorkommt. [41] Übersetzt bedeutet das: Viele glauben, Nigra sei nur ein Zuchtstamm, der aus der Schweiz kommt. Nigra bezeichnet aber auch die einheimischen Dunklen Bienen aus den Westalpen. Goetze (1940) bezeichnete sowohl die lokale Population der Apis mellifera mellifera in den Westalpen als Nigra: „Nach dem Flügelindex kann man hier keine zuverlässige Rassenaufteilung in „Ligustica“ (italienisch) und „Carnica“ (krainisch) vornehmen. Die Westalpenbienen (Nigra) nehmen deutlich eine Mittelstellung zwischen den nordischen und südländischen Bienen ein.“ [4] als auch den Stamm, der daraus gezüchtet wurde, als  Biene, „die unter dem Namen „Nigra“ züchterisch bekannt ist (…).“ [4]  Vorsicht also, was gemeint ist.

Eine dritte Verwirrung finden wir, wenn wir uns mit Ökotypen, Varietäten oder lokalen Populationen der Dunklen Biene beschäftigen. Schon in früheren Zeiten waren sich die Wissenschaftler nicht einig. Deshalb möchte ich die verschiedenen Meinungen zu Wort kommen lassen, die auch heute noch von verschiedenen Gruppen so verteidigt werden. Die Lösung können nur morphometrische (Messung des Flügelgeäders, der Haarlängen, usw.) und genetische Untersuchungen bringen.

Beginnen wir mit von Buttel-Reepen (1906): Er grenzt zwei verschiedene Varietäten, die in Deutschland vorkommen, voneinander ab: „Jedenfalls geben uns auch diese durch (Charles; Anm.d.V.) Darwin veranlassten Äußerungen eine Illustrierung der Tatsache, daß in der Tat zwei biologisch scharf getrennte Varietäten in Deutschland vorhanden sind: 1. die deutsche Biene Apis mellifica-mellifica L. und 2. die Heidebiene Apis mellifica-lehzeni n. var. (…) Das Hauptgebiet der dunklen Mellifica ist Deutschland, Rußland, Skandinavien, Dänemark, Holland und zum Teil Belgien, England, Schweiz und Österreich-Ungarn. Kleinere Herden unvermischter, schwarzer Bienen finden wir dann noch bei Smyrna, Herzegowina, Dalmatien, Italien, Südrußland, Spanien, Frankreich, Korsika.“ [42]

Goetze (1949) beschreibt A.m. lehzeni als die nördlichste Form, als lokale Varietät, die in Schweden daheim ist und die Nigra als Westalpen-Mellifera (Abb. 17), sieht aber ansonsten in den unterschiedlichen Größen und Farbvariationen nur lokale Anpassungen der ein und derselben Unterart Apis mellifera mellifera oder eben Züchtungen in Form von Stämmen: „Außerdem kommen wir mit fortschreitender Züchtung allmählich zu Kunstrassen oder Stämmen (Stirps),  die dann mit besonderen Namen bezeichnet werden  wie z.B. ,,Nigra“, ,,Aurea“, Stamm ,,Hessen“, Stamm ,,Sklenar“ usw. (…) Am schwersten ist dies für die eigentliche „deutsche“ Rasse [gemeint ist Unterart; Anm.d.V.], die echte Mellifica. Sonderbarerweise hat sie nämlich in den Zuchtbestrebungen der  Imker Deutschlands nie die geringste Rolle gespielt. Es  herrschte das Vorurteil, sie sei besonders schwarmlustig, wie aus dem niederdeutschen Heidegebiet bekannt, und daher nicht besonders zuchtwürdig. Bei der Heidebiene (Lehzeni  Butt.-Reep.) handelt es sich aber wohl nur um eine biologische Varietät der eigentlichen Mellifica. Es ist mir auch nicht gelungen, sie irgendwie morphologisch genauer zu charakterisieren, trotz eingehender Korrespondenz mit ihrem Benenner, von Buttel-Reepen. Als “Lehzeni“ bezeichne ich daher nur die nördlichste Form, also z.B. die heimische Biene Schwedens. Das Herz der Verbreitung der deutschen Rasse  „Mellifica“ ist etwa im hessischen Bergland anzunehmen. In meinem Zuchtstamm ,,Hessen“  habe ich sie herauszuarbeiten versucht. Sie ist langhaarig, relativ groß, dabei kurzgliedrig (kurzrüsslig), hat im Vorderflügel ein großes vorderes Grundaderstück und besitzt in der Regel einen deutlichen Radialaderrest. Die Filzbinden sind locker und daher wenig auffallend. Dieses Charakterbild  wandelt sich in Deutschland in folgender Weise ab: In nordöstlicher Richtung nimmt die Körpergröße zu, die Filzbinden werden lockerer und immer unauffälliger, die Länge des Überhaares wird größer, das vordere Grundaderstückes des Vorderflügels aber kleiner. Sudeten, Erzgebirge und Böhmerwald sind hier im östlichen Raume ihre verhältnismäßig nordwärts gelagerte südliche Verbreitungsgrenze (…). Nach Südwesten wandelt sie in genau entgegengesetzter Weise ab, wird also kleiner, langgliedriger, deutlicher bebindet, kurzhaariger und bekommt ein größeres vorderes Grundaderstück. Sie dringt hier viel weiter südwärts bis in Mittelalpen. Dort hat sie ihre extremste Südform entwickelt, die unter dem Namen ,,Nigra“ züchterisch bekannt ist und weit verbreitet wurde. Man bezeichnete sie lange als die deutsche Biene, da sie kräftige dunkle Chitintöne aufweist. ln der Tat handelt es sich aber um das südlichste Glied der Mellificakette, also um eine Grenzform.“ [4]

Abbildung 17: Flügelindex von Arbeitsbienen europäischer Rassen in statistischer Bearbeitung; Beleg für Rasse (Unterart) und Herkunft (Stamm). Goetze [4]
Ruttner (1992) allerdings kommt im Zusammenhang mit Untersuchungen von Drohnen der Dunklen Biene (ausgenommen Österreich und Frankreich) zu anderen Schlüssen: „Innerhalb der Unterart konnten bei statistischen Analysen keine geographischen Unterschiede gefunden werden. (…). Dieses Bild läßt nur die Schlußfolgerung zu, daß es im Zuge der nacheiszeitlichen Ausbreitung der Dunklen Biene über das ganze nördliche Europa zu keiner Ausbildung von unterscheidbaren Untergruppen gekommen und dieses riesige Gebiet heute von einer relativ einheitlichen heimischen Biene besiedelt ist. (…) Aus all diesen Vergleichen ergibt sich demnach, daß die Dunkle Biene in ihrem ganzen Verbreitungsgebiet erstaunlich einheitlich ist und die oben genannten Sonderformen höchstens lokale Populationen mit bestimmten biologischen Eigenschaften darstellen, aber keine eigenen Rassen sind.“ [43] Ausnahmen sind für ihn die deutlich voneinander unterschiedenen Ökotypen, die man im Süden Frankreichs findet. Bitte beachten: Das Buch „Naturgeschichte der Honigbienen, 2.Auflage wurde zwar 1992 gedruckt, Ruttner hat die erste Auflage aber wesentlich früher geschrieben. Wann genau, konnte ich aber leider nicht herausfinden; es muss aber ca. 1930-1940 gewesen sein.

Zur Nigra schreibt Ruttner: „Der Stamm Nigra, ein aus der Schweizer Landbiene herausgezüchteter besonders dunkler Typ, der von Prof. Zander derzeit auch in Deutschland viel gezüchtet wird. Im Flügelgeäder und der Behaarung entspricht er aber – vermutlich infolge lange zurückliegender Einkreuzungen – nicht mehr dem Typ von A.m.mellifera. In Tirol wird, wie erwähnt, noch ein Stamm der ursprünglichen heimischen Biene („Braunelle“) gezüchtet, der in allen Merkmalen der Dunklen Biene entspricht.“ [43]

Eine weitere Verwirrung besteht in der Ansprache gelber Anteile im Chitinpanzer der Dunklen Biene als eindeutige Einkreuzung von A.m.ligustica: „In Deutschland wird seit längerer Zeit das Zuchtziel  ,,dunkel“ verfolgt. Man hat sich angewöhnt, alle Bienen mit gelben Ringen schlechtweg als Italiener zu bezeichnen. Solche „Italiener“ gibt es aber überall (siehe die Karte Jugoslaviens), ohne daß man gerade eine Einfuhr der Ligustica nachweisen konnte. Wahrscheinlich hat es auch in Deutschland ganz entsprechend schon vor der großen Italienereinfuhr mehr oder weniger gelbe Formen gegeben. Jedenfalls ist es nicht berechtigt, nur wegen gelber Ringelung von ,,Italienern“ zu sprechen, wenn sich nicht die anderen besprochenen Kennzeichen der echten Ligustica nachweisen lassen.“ [4]

7.        Hygiene als ein wesentlicher Parameter in der Zucht für gesunde Völker – Zander klagt schon 1914 an – leider mit bis heute wenig Erfolg! Daher nochmal

„Sodann spielt die Behandlung der Völker eine ausschlaggebende Rolle. Das Wetter kann man nicht ändern, aber das Gedeihen der Völker hat man in der Hand. Sie müssen so gepflegt werden, dass sie zu jeder Zeit bereit sind, die stets spärlichen Trachttage voll auszunutzen. Die unerlässliche Vorbedingung dazu sind einmal starke Völker im Herbste, die mit reichen Honig- und Pollenvorräten in den Winter gehen und einen guten Vorrat davon in das Frühjahr bringen, damit sie in den ersten mageren Monaten des neuen Jahres nicht Not zu leiden haben. Sodann gehört dazu eine rasche und kräftige Frühjahrsentwicklung. Im Mai sollen die Bruträume mit Bienen so vollgepfropft sein, dass man ohne Bedenken die Honigräume freigeben kann. Zugleich muss die Königin durch Absperrgitter vom Honigraum ferngehalten und zu einer gewissen Beschränkung in der Eiablage angehalten werden. (…) Im letzten Grunde verdanken wir aber die schönen Erfolge unseres Betriebes der fortgesetzten Sorgfalt, die wir auf die Auslese und Pflege unserer Königinnen verwenden. Von ihrer Leistungsfähigkeit hängt unter sonst günstigen Verhältnissen hauptsächlich das Gedeihen der Völker ab. Unter den Imkern herrscht seit alters das Bestreben, mangelhaft sich entwickelnde Völker durch Verstärken mit Brutwaben oder Bienen aus anderen Kolonien hoch zu bringen. Wenn jedoch eine schlechte Königin in dem Schwächling ist, wird mit solchen Massnahmen höchstens ein Augenblickserfolg erzielt, denn die Legetätigkeit der Königin wird dadurch nicht beeinflusst. Dabei begünstigt man durch das Verstärken mit stockfremden Bienen und Waben besonders in den Frühjahrsmonaten die Verbreitung von Bienenkrankheiten ganz ausserordentlich. Durch das Zukehren erwachsener Bienen wird im April, Mai und Juni vor allem die Nosemaseuche von einem Stock in den anderen übertragen. Mit Brutwaben kann man zu jeder Zeit die Faulbrut verschleppen. Unserem Betriebe sind darum diese veralteten Methoden fast ganz fremd. [Hervorhebung durch die Verfasserin]. Wir verstärken schwächere Völker höchstens im Herbste mit Bienen, weil erfahrungsgemäss um diese Zeit die Völker so gut wie ganz frei von Nosema-Parasiten sind. [Das kann man heute so nicht mehr voraussetzen; Anm.d.V.] Dass wir keine Waben verhängen, ist durch frühere Berichte bekannt. Alle Mängel in der Entwicklung unserer Völker suchen wir durch Auslese der Königinnen zu beheben. Jede Königin steht besonders in der ersten Zeit ihres Lebens unter ständiger Aufsicht und wird, wenn sie keinen lückenlosen Brutstand zu schaffen imstande ist, ausgefangen und durch eine bessere ersetzt.“ [20]

8.        In eigener Sache

Ich hoffe, dass dieser ausführlich gehaltene Artikel für Menschen, die sich für die Dunkle Biene allgemein sowie für die Wiedereinführung derselben und die Erhaltung der Unterart interessieren und einsetzen, wertvolle Hinweise und Inspiration liefern kann. In nächster Zeit werde ich mich u.a. der Auswertung der Zuchtbücher Hofmanns und Zanders widmen, sofern ich dazu Gelegenheit erhalte.  Diese können für Menschen, die eine Belegstelle und/oder die sorgfältige (Rück-)Zucht der Dunklen Biene betreiben oder planen, höchst interessant sein.

Ans Herz legen möchte ich Ihnen auch meine Artikel über „Apis mellifera und das Bundesnaturschutzgesetz“, der sich mit der Dunklen Biene und ihrer Einordnung in das Bundesnaturschutzgesetz befasst (Mittl 2017 [44]), über „Wild lebende Honigbienen – Seuchenschleuder oder Genschatz“ (Mittl 2017 [45]) und über „Wild lebende und gemanagte Honigbienen und die Amerikanische Faulbrut“ (Mittl 2016 [46]) sowie meinen Vortrag von 2015 über die Dunkle Biene „Die Dunkle Europäische Biene Apis mellifera mellifera – Eine ausgestorbene Wildbiene UND ein extrem gefährdetes Nutztier im Spannungsfeld zwischen Naturschutz UND Imkerei“ (Mittl 2015 [47]). Sie können meine Artikel als PDF kostenlos von meiner Homepage https://bienen-dialoge.de/ herunterladen. Ich freue mich sehr, wenn meine Vorschläge und Anregungen großen Anklang finden, freue mich aber auch sehr, wenn Sie die Quellen dann auch wertschätzenderweise angeben! In Kürze erscheinen weitere Artikel über Schimmelpilze bei Honigbienen, über die Einordnung der wild lebenden Honigbienen in das Bundesnaturschutzgesetz sowie über die natürlichen Baumhöhlen, die natürlichen Nistplätze der Honigbienen (ist jetzt schon online).

So hoffe ich, dass eines meiner Anliegen, Fakten über die Dunkle Biene und über wild lebende Honigbienen jenseits der Mythen und Verteufelung zu liefern, viele Menschen erreicht. Mein zweites Anliegen ist die Stärkung der Gesundheit der Honigbienen in Imkerhand, die nur durch veränderte Haltungsbedingungen und den weitgehenden Verzicht auf Varroabehandlung erreicht werden können. Auch dazu finden Sie einige Artikel mit vielen Anregungen auf meiner Homepage.

Danksagung

Für die Recherche und Überlassung zweier Artikel und einiger Hinweise bin ich Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Stever (Privatwissenschaftliches Archiv Bienenkunde – http://bienenarchiv.de) sehr dankbar!

Literaturverzeichnis

[1] G. Goetze, „Die deutschen Zuchtstämme in der Körung,“ Deutscher Imkerführer Nr. 2, 13. Jg., pp. 51-55, 1939/40.
[2] E. Wohlgemuth, „Leistungssteigerung das Ziel – dornenreich der Weg,“ Nordwestdeutsche Imkerzeitung 2 Heft 7, pp. 215-219, 1950.
[3] G. Goetze, „Der Aufbau der deutschen Königinnenzucht – Das Körwesen – Heft 4 – 2. veränderte Auflage;,“ Verlag Leipziger Bienenzeitung, 1942.
[4] G. Goetze, Die beste Biene – Züchtungs- und Rassenkunde der Honigbiene nach dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Praxis, Leipzig: Verlag Liedloff, Loth & Michaelis, 1940.
[5] Von Brettreich, „Bekanntmachung – Errichtung einer Bienenzuchtanstalt in Erlangen,“ Münchner Bienenzeitung Nr. 22, 29.Jg.;, 16 November 1907.
[6] E. Zander, „Die staatliche Belegstelle „Ohrwaschl“ der Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen,“ Erlanger Jahrbuch für Bienenkunde – Zur Förderung einer zeitgemäßen Bienenzucht 4, pp. 69-80, 1926.
[7] „Belegstationen für reinrassige deutsche Königinnen,“ Münchner Bienenzeitung 7, 31.Jg., Juli 1909.
[8] K. Hofmann, „II. Jahresbericht der K. Anstalt für Bienenzucht in Erlangen für das Jahr 1909 – Bericht über die Tätigkeit der praktischen Abteilung im Jahre 1909,“ Münchner Bienenzeitung 8, 32.Jg., August 1910.
[9] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der K. Anstalt für Bienenzucht in Erlangen 1916,“ Landwirtschaftliches Jahrbuch für Bayern Nr.1 – Sonderabdruck, p. 37, 1917.
[10] E. Zander, „25 Jahre Bayerische Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen, Sonderdruck,“ Landwirtschaftliches Jahrbuch für Bayern Heft Nr. 10/11/12, p. 34, 1932.
[11] S. Mittl, „Deutschlands Bienengarten – Ein Beitrag zum Natur- und Kulturschutz – Skizzierung eines Modellprojektes zu Zeidlerei, Bienenforschung, Naturschutz und Umweltbildung im Sebalder und Lorenzer Reichswald bei Nürnberg,“ www.bienen-dialoge.de, Fürth; 30 Seiten, Februar 2016.
[12] S. Mittl, „Deutschlands Bienengarten als LEADER-Projekt – Ein Beitrag zum Natur- und Kulturschutz – Skizzierung eines Grundkonzeptes für ein LEADER-Projekt zu Zeidlerei, Bienenforschung, Naturschutz, Tourismus und Umweltbildung im Sebalder und Lorenzer Reichswald;,“ www.bienen-dialoge.de, Fürth; 45 Seiten, Mai 2017.
[13] E. Zander, „Die Tätigkeit der Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1920,“ Archiv für Bienenkunde 4 und 5, 3.Jg., pp. 123-183, 1921.
[14] Reichsfachgruppe Imker, Das Zuchtwesen, Leipzig: Verlag Liedloff, Loth & Michaelis, 1942.
[15] K. Hofmann, „1. Jahresbericht der K. Anstalt für Bienenzucht in Erlangen für das Jahr 1908 – Die Tätigkeit der praktischen Abteilung,“ Münchner Bienenzeitung 7, 31.Jg., Juli 1909.
[16] E. Zander, „Die Kgl. Anstalt für Bienenzucht in Erlangen,“ Zeitschrift für angewandte Entomologie I, 1, pp. 137-146, April 1914.
[17] E. Zander, „Die volkswirtschaftliche Bedeutung und künftige Entwicklung der deutschen Bienenzucht – Das künftige Gedeihen der Bienenzucht,“ Landwirtschaftliches Jahrbuch für Bayern 2, 6.Jg,, p. 135, 1916.
[18] E. Zander, „Bericht über die K. Anstalt für Bienenzucht Erlangen im Jahre 1911,“ Landwirtschaftliches Jahrbuch für Bayern 6, 2. Jg., pp. 469-492, 1912.
[19] E. Zander, „Bericht über die K. Anstalt für Bienenzucht im Jahre 1912,“ Landwirtschaftliches Jahrbuch für Bayern 4, 3.Jg., pp. 151-179, 1913 (kein Autor genannt, vermutlich Zander).
[20] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der K. Anstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1914,“ Zeitschrift für angewandte Entomologie II 1, pp. 168-212, 1915.
[21] E. Zander, „Die Tätigkeit der bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen während der Jahre 1917, 1918, 1919,“ Archiv für Bienenkunde 1, 2.Jg., p. 51, 1920.
[22] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der Landesanstalt für Bienenzucht zu Erlangen im Jahre 1921,“ Bayerische Bienenzeitung 3, 44.Jg., pp. 51-73 (dazwischen noch ein anderer Artikel), März 1922.
[23] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1922,“ Bayerische Bienenzeitung 3, 45.Jg., pp. 109-153, März 1923.
[24] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1924,“ Die Bayerische Biene – Bayerische Bienenzeitung 3, 47.Jg., pp. 247-276, März 1925.
[25] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1928,“ Die Bayerische Biene – Bayerische Bienenzeitung 3, 51.Jg., pp. 47-93, März 1929.
[26] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1929,“ Die Bayerische Biene – Bayerische Bienenzeitung 3, 52.Jg., pp. 28-82, März 1930.
[27] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der K. Anstalt für Bienenzucht im Jahr 1915,“ Landwirtschaftliches Jahrbuch für Bayern 2, 6.Jg, pp. 100-122, 1916.
[28] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1923,“ Die Bayerische Biene – Bayerische Bienenzeitung 3, 46.Jg., pp. 103-147, März 1924.
[29] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1925,“ Die Bayerische Biene – Bayerische Bienenzeitung 3, 48.Jg., pp. 81-114, März 1926.
[30] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1927,“ Die Bayerische Biene – Bayerische Bienenzeitung 3, 50.Jg., pp. 65-113, März 1928.
[31] J. Klem, „Reichsschulungstagung der Obmänner für Königinnenzucht der Landesfachgruppe vom 13. bis 16. Juni 1934 in Erlangen,“ Deutscher Imkerführer Nr. 7, pp. 162-168, 1934.
[32] E. Zander, „Bericht über die Tätigkeit der K. Anstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1913,“ Landwirtschaftliches Jahrbuch für Bayern 5, Sonderabdruck, pp. 1-23, 1914.
[33] „https://people.zeelandnet.nl/epzoi/rassen.pdf,“ [Online]. Available: https://people.zeelandnet.nl/epzoi/rassen.pdf. [Zugriff am 8 Januar 2019].
[34] K. Böttcher, „Bericht über die Tätigkeit der Bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht Erlangen in den Jahren 1943 bis 1954,“ Der Imkerfreund , Mai 1955.
[35] K. Böttcher, „Die Tätigkeit der Bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht Erlangen im Jahre 1955,“ Der Imkerfreund 3, März 1956.
[36] K. Böttcher, „Die Tätigkeit der Bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht in Erlangen im Jahre 1956,“ Der Imkerfreund 3, 12.Jg., pp. 99-104, März 1957.
[37] K. Böttcher, „Die Tätigkeit der Bayer. Landesanstalt für Bienenzucht, Erlangen im Jahr 1957,“ Der Imkerfreund 5, 13.Jg., pp. 132-138, 1958.
[38] K. Böttcher, H. Hirschfelder und K. Weiß, „Tätigkeit der Bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht, Erlangen, im Jahr 1958,“ Der Imkerfreund 3, 14.Jg., pp. 69-75, 1959.
[39] K. Böttcher, H. Hirschfelder und K. Weiß, „Die Tätigkeit der Bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht, Erlangen, im Jahre 1959,“ Der Imkerfreund 3, 15.Jg., pp. 69-74, 1960.
[40] J. Jeker, U. Kramer und P. Theiler, Der schweizerische Bienenvater, Aarau: Verlag Sauerländer, 1891, 3. Auflage.
[41] A. Pollmann (Hrsg.), Werth der verschiedenen Bienenracen und deren Varietäten, 2. vermehrte Auflage, Leipzig: Verlag Voigt; Hrsg.: Pollmann August, 1898.
[42] H. v. Buttel-Reepen, „Apistica – Beiträge zur Systematik, Biologie sowie zur geschichtlichen und geographischen Verbreitung der Honigbiene (Apis mellifera L.), ihrer Varietäten und der übrigen Apis-Arten,“ Mitteilungen aus dem Zoologischen Museum in Berlin, Bd. III, Nr. 2, pp. 117-201, 1905-1908; Berlin.
[43] F. Ruttner, Naturgeschichte der Honigbienen, München: Ehrenwirth Verlag, 1992.
[44] S. Mittl, „Apis mellifera und das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) – Ist die Art Apis mellifera (Westliche Honigbiene) ein Wildtier und welche Folgen hätte das für Gesetzgebung und Artenschutz? – 2. überarbeitete Fassung,“ www.bienen-dialoge.de, Fürth; 9 Seiten, Oktober 2017.
[45] S. Mittl, „Wild lebende Honigbienen – Seuchenschleuder oder Genschatz?,“ www.bienen-dialoge.de, Fürth; 12 Seiten, Mai 2017.
[46] S. Mittl, „Wild lebende und gemanagte Honigbienen und die Amerikanische Faulbrut – damals und heute,“ www.bienen-dialoge.de, Fürth; 8 Seiten, Dezember 2016 – 2. korrigierte Fassung.
[47] S. Mittl, „Die Dunkle Europäische Biene Apis mellifera mellifera – Eine ausgestorbene Wildbiene UND ein extrem gefährdetes Nutztier im Spannungsfeld von Naturschutz UND Imkerei,“ www.bienen-dialoge.de, Fürth; Vortrag, September 2015.

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