Propolis als Medizin für die Honigbienen

Sigrun Mittl, Dipl.-Biol., bienen-dialoge.de, Fürth Dez. 2017

In den letzten Jahren rückte das Pflanzenharz, das, vermischt mit Wachs, als Propolis bezeichnet wird, im Hinblick auf seine antimikrobielle (antibakteriell, antifungizid, antiviral) Wirkung in das Blickfeld der Bienenforschung. Das Sammeln des Harzes durch die Bienen könnte Ausdruck der Sozialen Immunität sein, ein Verhalten, das der Krankheitsresistenz des Bienenvolkes dient. [1]

Honigbienenvölker leben eigentlich in Baumhöhlen. Die Bienen kleiden im Gegensatz zu Völkern in Bienenbeuten das gesamte Innere der Höhle und häufig auch den Nesteingang mit einer 0,3 – 0,5 mm dicken Propolis-Schicht aus. [2] Diese Schicht ist wasserabweisend, schützt vor der Verrottung der Wände, wird zur Verkittung von Ritzen und Spalten verwendet, verhilft zu einer stabilen Temperatur und Luftfeuchtigkeit durch Kondensation und reduziert Mikroben. Zusätzlich zeigen mehrere Studien, dass Propolis indirekte und direkte Auswirkungen auf das Immunsystem, die Krankheitskeime und Parasiten der Honigbienen hat. [3]

Simone-Finstrom et al. (2017) haben die Ergebnisse dieser Studien zusammengefasst:

  • Bienen, die in eine Box mit Propolis-Auskleidung gegeben wurden, wiesen nach 1 Woche weniger Bakterien in und auf dem Körper aus und hatten ein „ruhigeres“ Immunsystem verglichen mit Bienen, die in einer Box ohne Propolis-Auskleidung lebten. Das Propolis tötete Mikroben ab, so dass das Immunsystem der Bienen nicht so hoch fahren musste, d.h. weniger antimikrobielle Peptide und Fresszellen bilden musste, die die Mikroben töten, was dazu führt, dass die Produktivität des Volkes höher ist als bei Völkern, deren Energie für hohe Immunantworten nutzen muss
  • Völker, die mit Kalkbrut künstlich infiziert wurden, sammelten mehr Propolis als nicht infizierte Völker
  • Völker, deren Beutenwände mit Propolis ausgekleidet waren, hatten eine geringere Kalkbrut-Infektion als solche ohne Auskleidung
  • Bienen aus Völkern mit Propolis-Auskleidung wiesen signifikant höhere Werte des Blutspeicherproteins Vitellogenin auf, ein Indikator von gut genährten Bienen (da weniger Energie zur Immunantwort gebraucht wird, bleibt mehr Energie)
  • Propolis unterdrückt nicht das Immunsystem
  • In Anwesenheit von klinischen Symptomen der AFB produzieren Bienen mit Propolis-Auskleidung signifikant höhere Mengen von antimikrobiellen Peptiden (Immunantwort) als Bienen ohne P-Auskleidung
  • In einer Studie starben 100% aller Varroa-Milben, als sie mit 10%em Propolis-Extrakt in Kontakt kamen
  • Varroa-Milben, die mit 0,5%em Propolis-Extrakt in Kontakt kamen, zeigten Betäubungs-Anzeichen, die zu reduzierter Hitze-Produktion und reduzierten Stoffwechselraten führten
  • Subletale Effekte durch niedrige Propolis-Konzentrationen schwächen die Mobilität der Varroa und verringern ihre Fähigkeit, auf Stressfaktoren in der Umgebung (z.B. hohe Temperaturen, die aktiv von Bienen erzeugt werden) angemessen zu reagieren
  • Propolis von varroa-resistenten Völkern weist eine deutlich andere chemische Zusammensetzung auf als Propolis von Völkern mit hohen Milben-Zahlen
  • Bezüglich der Virenreduktion durch Propolis gibt es zwei divergierende Studien; die eine fand keinen Unterschied in der Viren-Belastung mit und ohne Propolis in den Völkern, die andere von 2017 kam zu anderen Ergebnissen: ist viel Propolis im Stock, stieg die Virenbelastung des Flügeldeformationsvirus (DWV) nicht an im Gegensatz zu Völkern ohne Propolis. Auch sammelten die Bienen mehr Propolis nach der Infektion mit DWV. Für das Sackbrut-Virus konnte kein Effekt durch Propolis nachgeweisen werden [3]

Wilson et al. (2013) konnten nachweisen, dass Honigbienen ganz gezielt Harze bestimmter Baumarten sammelten (v.a. Populus ssp., aber nicht von Hybrid-Pappeln), die sich auch in ihrer antimikrobiellen Wirkung z.B. gegen Paenibacillus larvae (AFB) stark voneinander unterscheiden. Sie schließen aus ihren Daten zudem, dass die Bienen vielleicht sogar je nach Krankheitserreger unterschiedlich wirksames Harz sammeln könnten. [4]

Das Zuchtziel „Geringe Propolis-Verwendung“ mag für Erwerbsimkereien nachvollziehbar sein, zum Nutzen der Bienengesundheit ist es nicht. Die Forschergruppe um Simone-Finstrom empfiehlt, Beuten zu verwenden, die rauhes Holz auf der Innenseite aufweisen (bzw. die Innenseite mit einer Stahlbürste aufzurauhen), was die Bienen dazu veranlasst, eine Propolis-Verkleidung der Wände vorzunehmen. [3]

Literaturverzeichnis

[1] M. Simone, J. Evans und M. Spivak, „Resin Collection And Social Immunity in Honey Bees,“ Evolution 63 (11), pp. 3016-3022, 2009.
[2] T. Seeley und R. Morse, „The Nest of the Honey Bee (Apis Mellifera L.),“ Insectes Sociaux 23 (4), pp. 495-512, 1976.
[3] M. Simone-Finstrom, R. Borba, M. Wilson und M. Spivak, „Propolis counteracts some threats to honey bee health – review,“ Insects 8 (46), p. 20, 2017.
[4] A. Wilson, M. Spivak, A. Hegeman, A. Rendahl und J. Cohen, „Metabolomics reveals the origins of antimicrobial plant resins collected by honey bees,“ PLoS ONE 8 (10): e77512.doi:10.1371/journal.pone.0077512, p. 13, 2013.

SigrunMittl_Propolis als Medizin für das Honigbienenvolk_Dezember2017_PDF