DEMETER©-Bienenhaltung plus Tierethik ist gleich HONIGBIENENGLÜCK©-Bienenhaltung

Richtlinien für die Zertifizierung „Honigbienenglück©-Bienenhaltung

ENTWURF –

Basierend auf den Richtlinien der Demeter©-Bienenhaltung, Stand 11.2009

von:

Sigrun Mittl, Diplom-Biologin, Freie Honigbienenwissenschaftlerin

Fürth, Februar 2018

 

0       EINLEITUNG

„Die uns anvertrauten Tiere begreifen wir als Mitgeschöpfe und achten ihre Integrität. Wir ermöglichen eine ihrem Wesen gemäße Entwicklung, halten, füttern, pflegen, nutzen und züchten sie entsprechend und treten ihnen mit Respekt entgegen.“ So steht es in den Demeter-Richtlinien (demeter.de).

Die DEMETER-Richtlinien für die Bienenhaltung, die 1995 entwickelt wurden, wollen auf diesen Werten basieren und haben die wesensgemäße Bienenhaltung geprägt, „die allein die Gewähr für langdauernde Fruchtbarkeit und Vitalität der Bienenvölker bieten kann“, wie Günter Friedmann im Anhang des Buches „Der Mensch und die Bienen“ von Michael Weiler (2000) schreibt.

Die Richtlinien sind im Vergleich zu denen in der konventionellen Imkerei sicherlich revolutionär (Vermehrung aus dem Schwarm trieb, Naturwabenbau) und knüpfen an die Aussagen von Pfarrer Gerstung an, doch berücksichtigen sie wirklich das Tierwohl und die Bienengesundheit? Sind sie wirklich vom Wesen einer Tierethik getragen, wie wir sie nach Rudolf Steiner erwarten dürfen?

Nach über 30 Jahren Varroa-Behandlung auch in der DEMETER-Bienenhaltung müssen wir es wagen, zwei zugegebenermaßen schmerzhafte Fragen stellen, nämlich

  1. a) ob die wesensgemäße Bienenhaltung nach DEMETER wirklich wesensgemäß ist und
  2. b) ob die Inhalte von Punkt 5 („Bienengesundheit“) der DEMETER-Richtlinien für die Bienenhaltung überhaupt eingehalten werden.

Unsere Honigbienen in imkerlicher Hand sind durch Umwelteinflüsse und die intensive Tierhaltung – die auch DEMETER praktiziert – im Immunsystem geschwächt und dadurch zahlreichen Krankheiten ausgesetzt. Viele Völker sterben. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo wir Verantwortung für die Erhaltung der Art Westliche Honigbiene übernehmen müssen.

Die Umwelteinflüsse können wir nur indirekt beeinflussen. Die Art der Honigbienenhaltung aber haben wir in unserer Hand. Hier können und müssen wir ansetzen, wenn wir in Zukunft gesunde Honigbienen haben möchten. Deshalb ist es dringend nötig, einen Umschwung in der Bienenhaltung hin zu einer bienengerechten, behandlungsfreien Imkerei einzuleiten.

Die Demeter-Richtlinien sind im Moment die Richtlinien, die der Gesunderhaltung und der artgerechten Bienenhaltung am nächsten kommen; allerdings sind auch sie an einer wirtschaftlichen Betriebsweise ausgerichtet, sodass das Ideal einer wesensgemäßen Bienenhaltung nicht wirklich erreicht werden kann.

Meiner Ansicht nach zeichnen sich gesunde Tiere, auch Honigbienen, dadurch aus, dass sie ohne regelmäßig notwendige medikamentöse Behandlung gesund aus eigener Kraft (über-)leben können. Honigbienen, die wir 3-4 x im Jahr gegen die Varroa behandeln, sind nicht gesund! Gesundheit und damit ein starkes Immunsystem der Honigbienen können wir aber nur dann gewährleisten, wenn wir unsere Honigbienen wirklich wesensgemäß und bienengerecht halten. Dazu gehört auch, kranke Völker sterben zu lassen.

Da wir die Honigbienen als Nutztiere halten möchten, können wir nicht jeden Stress vermeiden. Das Ziel aber muss sein, so viel wie möglich Stress zu vermeiden und die Honigbienen ihr bienengerechtes Leben so weit wie möglich leben zu lassen. Auch unser Nutztier Honigbiene möchte glücklich leben – soweit dies für ein von uns als Nutztier gehaltenes Wesen überhaupt gelten kann – und dafür können wir sorgen.

Die vorliegenden Richtlinien für den Weg hin zu einem art- und bienengerechten, behandlungsfreien Imkern legen den Grundstein für gesunde und widerstandsfähige Honigbienen, orientieren sich an den höchsten bienenethischen Grundsätzen und stellen Imkereiprodukte wie Honig, Wachs und Propolis von höchster Güte zur Verfügung. Alle diese Produkte dürfen das Gütesiegel „Honigbienenglück©“ tragen, das als einziges nachhaltig zur Erhaltung der Art Apis mellifera beiträgt.

Die Honigbienenglück©-Richtlinie wird aller Voraussicht nach zuerst von den Hobby-Bienenhalterinnen und Bienenhaltern umgesetzt werden und vielleicht aber hoffentlich nicht viel später auch von Erwerbsimkereien. Die Produkte haben einen so hohen Wert, dass sie bessere Preise erzielen werden. Erstes Ziel aber ist neben der unbeschwerten Freude an der Bienenhaltung vor allem der Aufbau von widerstandsfähigen und gesunden Honigbienen – die, wenn sie als Schwarm in der freien Natur eine Höhle finden – bestmöglich für das Überleben vorbereitet und gerüstet sind.

Letztlich ist mir nicht daran gelegen, noch ein Siegel einzuführen. Die Verwaltungskosten sind den Aufwand eigentlich nicht wert.

Mein Anliegen ist es, den einzigen Bio-Verband, der aus der Quelle einer tiefen Spiritualität schöpft, mit großer Dringlichkeit zu bitten oder gar aufzufordern:

„Setzen Sie sich an die Spitze einer Bewegung, die das Leid der mit Ameisensäure und Oxalsäure bedampften und begasten Honigbienen endlich wahrnimmt. Setzen Sie sich an die Spitze einer Bewegung, die das Honigbienenwohl und die Honigbienenethik wirklich ernst nimmt. Unterstützen Sie die Honigbienenhalterinnen und – halter, die sich auf den Weg machen möchten hin zu einer behandlungsfreien und wirklich artgerechten Honigbienenhaltung, die zugleich zu wirklich gesunden Honigbienen führt und erweitern und ergänzen Sie Ihre DEMETER-Richtlinien für die Bienenhaltung.“ Ich verstehe die Honigbienenglück©-Richtlinien als Diskussionsbeitrag.

Wir müssen uns auch in zwei weiteren Punkten wahrhaftiger machen: Imkerei ist kein Bienenschutz und Imkerei ist auch kein Naturschutz. Wenn Menschen etwas für die Bienen tun möchten, haben sie die Möglichkeit, für die Wildbienen etwas zu tun. Diese brauchen wirklich unsere Hilfe (siehe z.B. unter: wildbienen.info). Nicht jeder Mensch muss imkern und in trachtarmen Gebieten macht Imkerei auch keinen Sinn.

Hinweise zum Originaltext der DEMETER-Richtlinien für die Bienenhaltung:

Die Texte in kursiver Schrift sind Zitate aus der Demeter-Richtlinie und mit Gänsefüßchen und einem Sternchen* gekennzeichnet. Alle nicht kursiv gekennzeichneten Texte sind Vorschläge der Verfasserin und kennzeichnen die über die Demeter-Richtlinie hinausgehenden Kriterien der Honigbienenglück©-Betriebsweise.  Im Inhaltsverzeichnis dieses Artikels (siehe unten PDF) finden Sie die Struktur der Demeter-Richtlinien für die Bienenhaltung nachgezeichnet. Aus Urheberrechtsgründen wird im Text auf die Zitate der Demeter-Richtlinie weitgehend verzichtet. Zu jedem Kapitel in den Richtlinien, das aus meiner Sicht  Erweiterungen bzw. Ergänzungen benötigt, schlage ich im Folgenden zusätzliche Kriterien mit genauem Wortlaut vor.  Zu Punkten oder Unterpunkten im Inhaltsverzeichnis, die nach meiner Ansicht unverändert bleiben können, findet sich im Text keine Anmerkung.

1          „AUFSTELLUNG DER BIENENVÖLKER“*

In Punkt 1 der Demeter-Richtlinien werden die Kriterien für den Standort beschrieben, die Art der Aufstellung aber nicht definiert. Für die Gesunderhaltung der Völker muss eine Ansteckung von einem Volk zu anderen mit Varroa und Viren so weit wie möglich verhindert werden. Vorgeschlagen werden daher zur Ergänzung zwei weitere Kriterien:

2          „BIENENWOHNUNG“*

Im Punkt 2 wird zwar die Bienenwohnung beschrieben, aber die Parameter Warmhaltigkeit, Art der Bretter sowie die Größe der Beute, die für die Aufrechterhaltung der Gesundheit bzw. die Wiederherstellung der Gesundheit mit entscheidend sind, werden nicht beachtet. Daher werden auch hier zwei weitere Kriterien zur Ergänzung vorgeschlagen:

3          „BETRIEBSWEISEN“*

 3.1      „Völkervermehrung und züchterische Auslese“*

In Punkt 3.1 wird nicht auf die Merkmale für die züchterische Auslese eingegangen. Diese sind im Zuge der zunehmenden Schwächung des Immunsystems der Honigbienen in Imkerhand allerdings zentral. Der Vollständigkeit halber wird auch das Ausbrechen der Schwarmzellen angesprochen. Folgende zwei Kriterien werden zur Ergänzung vorgeschlagen:

3.1.1    „Zukauf von Völkern und Königinnen“*

Keine Ergänzungen

3.1.2    „Beschneiden der Flügel der Bienenkönigin“*

Keine Ergänzungen

3.2      Durchsicht des Bienenvolkes

3.2.1    Durchsicht des Bienenvolkes zur Erweiterung und Kontrolle auf Krankheiten

Ich schlage vor, diesen Unterpunkt samt den Kriterien einzufügen. Er muss mehr in den Fokus der Bienenhaltung rücken, da jeder Eingriff eine Störung und Disharmonie der von den Honigbienen exakt regulierten Temperatur- und Luftfeuchteverhältnisse nach sich zieht:

3.2.2    Umgang mit „überzähligen“ Rähmchen und Waben

Dieser Unterpunkt bezieht sich auf die Verteilung von Krankheitserregern von einem Volk zum anderen, der Horizontalen Transmission. Diese muss zur Aufrechterhaltung der Gesundheit unterbleiben.

3.3      „Methoden zur Steigerung des Honigertrages“*

Keine Ergänzungen

 3.4      Unterart

Als Rasse wird ausschließlich die Buckfast-Biene bezeichnet. Wir imkern mit Unterarten bzw. Unterarten-Gemischen, der sogenannten Landbiene. Diese Klarstellung ist aus rechtlichen Gesichtspunkten wichtig. Vorgeschlagen zur Ergänzung wird daher folgendes Kriterium:

3.5      Wabenbau*

Keine Ergänzungen

3.5.1    „Waben im Brutraum“*

Keine Ergänzungen

3.5.2    „Waben im Honigraum“*

Auch im Honigraum sollte aus Gründen der artgerechten Bienenhaltung keine Mittelwand verwendet werden. Ausnahmen für Erwerbsimkereien sind statthaft.

3.5.3    „Herkunft des Wachses“*

Keine Ergänzungen

 3.5.4    „Verarbeitung“*

Keine Ergänzungen

3.5.5    „Lagerung von Waben“*

3.5.6    Einsatz von überzähligen Futterwaben

Wenn schon überzählige Futterwaben eingesetzt werden, müssen diese aus Gründen der Hygiene und zur Unterbindung der Horizontalen Transmission desinfiziert werden. Vorgeschlagen wird ein zusätzlicher Unterpunkt mit folgendem Kriterium:

3.6      „Fütterung“*

 3.6.1    „Einwinterung“*

Wissenschaftliche Erkenntnisse haben die hohe Bedeutung des Honigs für die Aufrechterhaltung der Bienengesundheit bestätigt. Daher ist auf die Fütterung von Zuckersirup zu verzichten. Ausnahmen sind möglich und bei Erwerbsimkereien statthaft, müssen aber kommuniziert werden.

3.6.2    „Notfütterung“*

3.6.3    „Reizfütterung“*

Keine Ergänzungen

 3.6.4    „Fütterung von Schwärmen und Ablegern“* (= Restvölkern)

3.6.5. „Pollen“*

4       „BIENENGESUNDHEIT“*

Im Unterschied zu den Demeter-Richtlinien habe ich den Punkt „Bienengesundheit“ vor den Punkt „Honiggewinnung“ gestellt. Der Text aus den Richtlinien wird an dieser Stelle zitiert; er ist inhaltlich vorbildlich, wird nach meinem Dafürhalten aber nicht konsequent umgesetzt. Die Bienengesundheit wird unterschiedlich definiert. Ich schlage eine Definition vor:

4.1      Auslese von varroa-resistenten bzw. varroa-toleranten Völkern

Dieser Punkt ist meiner Meinung nach ein entscheidender und muss in Zukunft beachtet werden.   Bisher werden die folgenden Inhalte nicht für wichtig erachtet. Ich schlage daher folgende Erweiterung vor:

4.2      Drohnenschneiden

Die Praxis des Drohnenschneiden wird bisher überhaupt nicht hinterfragt. Kann es sein, dass aufgrund dieser Praxis viele Königinnen nicht mehr oder nicht mehr richtig begattet werden? Ich schlage folgende Erweiterung vor:

4.3      Auflösen von kranken oder weisellosen Völkern

Dieser Punkt ist meiner Meinung nach ein entscheidender und muss in Zukunft beachtet werden.   Bisher werden die folgenden Inhalte nicht für wichtig erachtet. Ich schlage daher folgende Erweiterung vor:

4.4      Krankheitsbehandlung (Demeter-Richtlinie Punkt 5)

4.5      Vereinigung von Völkern und Verstärkung von Völkern mit Honigbienen aus anderen Völkern

Dieser Punkt ist meiner Meinung nach ein entscheidender und muss in Zukunft beachtet werden.   Bisher werden die folgenden Inhalte nicht für wichtig erachtet. Ich schlage daher folgende Erweiterung vor:

5       „HONIGGEWINNUNG“*

 5.1      Ernte von Honig

5.2      „Verarbeitung zu Schleuder- und Presshonig,“* Scheiben- und Jungfernhonig; „Abfüllung, Erwärmung“*

Keine Ergänzungen

5.3      „Gebindearten, Honiglagerung“*

Keine Ergänzungen

5.4      „Messbare Qualität des Honigs, Analysenwerte“*

Keine Ergänzungen

6       „UMSTELLUNG“*

Keine Ergänzungen (außer Austausch des Wortes „Demeter“ gegen „Honigbienenglück“)

7       „KENNZEICHNUNG VON ERZEUGNISSEN AUS“* HONIGBIENENGLÜCK©-„BIENENHALTUNG“*

Keine Ergänzungen (außer Austausch des Wortes „Demeter“ gegen „Honigbienenglück“)

8       „ZERTIFIZIERUNG“*

Keine Ergänzungen (außer Austausch des Wortes „Demeter“ gegen „Honigbienenglück“)

 

SigrunMittl_DEMETER-Bienenhaltung +Tierethik=HONIGBIENENGLÜCK_Feb2018.PDF