Rezensionen zu „Nachhaltig imkern…“

Rezensionen von Prof. Tautz, David Junker, Haiko Kuntze und Dr. David Heaf

 

Prof. Tautz, Universität Würzburg, April 2023

Mit „Nachhaltig imkern mit gesunden Honigbienen“ ist Frau Mittl ein
großer Wurf gelungen. Ich kenne kein ähnlich gehaltvolles Werk zu dem
in diesem Buch behandelten Thema.“

 

David Junker, Naturimker und Beutenbauer, September 2021:

Das Buch „Nachhaltig imkern mit gesunden Honigbienen“ von Sigrun Mittl ist in meinen Augen ein Meilenstein auf dem Weg zu einer Bienenhaltung mit und nicht wider die Natur! Nur so kann die Imkerei eine Zukunft mit gesunden Bienen und gesunden Imkerei-Erzeugnissen haben und eine nachhaltige und flächendeckende Bestäubungssicherheit gewährleisten.

In ihrem Buch nimmt die Autorin die Leser mit auf eine spannende Reise von den Anfängen der Honigbienen und deren Leben als wilde Art in unserer Natur. Sie beschreibt die Anfänge der Imkerei und deren Veränderung bis in die Neuzeit. Die Autorin deckt dabei auf, wie durch die teils dramatischen Änderungen unserer Landschaften und die  Art der Bienenhaltung die wichtigste Ressource, nämlich der Bestand der wilden Honigbienen nahezu vollständig und größtenteils unbemerkt aus unserer Umwelt verschwindet. Auch durch diese traurige Erkenntnis ergibt sich eine ganz neue Verantwortung für die  Honigbienen in Imkerhand und solche, die den Sprung zurück in die Natur geschafft haben.

Die Autorin beleuchtet außerdem anhand unzähliger wissenschaftlicher Quellen die Entstehung der vielen Probleme, mit denen unsere Honigbienen und die Imkerei heute konfrontiert sind. Dabei wird dem Leser bewusst, dass das heutige Varroaproblem sich in der Vergangenheit schon vielfach durch andere Krankheiten wiederholt hat und letztlich erst durch die fatalen Bekämpfungsstrategien des Menschen zu einem wirklichem Problem geworden ist.

Daraus ergeben sich jedoch auch Lösungsstrategien und Chancen für nachhaltig gesunde Honigbienen. Auch dies wird umfassend anhand vieler wissenschaftlichen Quellen erklärt.

Im Allgemeinen ist das Buch eine faszinierende und reichhaltige Wissensquelle für alle die nach neuen Wegen zu gesunden Honigbienen suchen. Es ist in einer sachlichen ruhigen Sprache geschrieben, lässt aber dennoch immer wieder die Liebe und Verbundenheit der Autorin zu den Bienen durchleuchten. Der Leser erkennt die Hingabe und Vertiefung in welche sich die Autorin durch jahrelanger intensiver Recherche und Beschäftigung mit diesem Thema begeben hat und es ist durch seinen chronologischen Aufbau und die vielen interessanten und neuen Erkenntnisse sehr angenehm und spannend zu lesen. Vielen Dank für dieses wunderbare Werk!

Veränderung beginnt mit der Erkenntnis. Wobei wir nichts erfinden müssen, was nicht die Natur in ihrer Perfektion schon längst bereitgestellt hat. Unsere Aufgabe ist es lediglich sie zu beschützen, ihr die Zeit und den Raum zu gewähren um ihre Kraft zu entfalten!

 

Haiko Kuntze, Naturliebhaber und Imker, 12. Oktober 2021 – Natürlich gesunde Honigbienen:

Sigrun Mittl beschreibt auf eine beeindruckend einfache Weise, den Weg hin zu gesunden Honigbienen, mit den Gesetzen der Natur. Dazu nimmt sie uns mit auf eine Reise, angefangen von der Ausbreitung der westlichen Honigbiene nach der Eiszeit, über die Nutzung der Waldbienen, bis hin zur heutigen „modernen“ Imkerei.
Gemeinsam mit dem Leser, erarbeitet die Diplom Biologin Kapitel für Kapitel die Zusammenhänge in der Natur. Hier verweist sie auf Erlerntes und zieht Parallelen zu Erfolgen aus der Vergangenheit. Die Erkenntnisse werden durch ihre umfassende 13-seitige Quellenangabe untermauert, und ermöglichen, das Wissen weiter zu vertiefen.
Leicht und flüssig lesbar, richtet sich das Buch an Naturliebhaber, Wissenschaftler, Bienenhalter und Erwerbsimker gleichermaßen. Es berücksichtigt die Interessen der Bienenhalter, gibt aber auch den einst wilden Honigbienen, den bedrohten Solitäbienen und dem gestörten Ökosystem Wald den nötigen Raum.
Vielen lieben Dank, liebe Sigrun, für dieses wunderbare Werk.

Dr. David Heaf, Biochemiker und Behandlungsfreier Imker, Wales, Februar 2022:

Nachhaltig imkern mit gesunden Honigbienen – Aus Vergangenheit und Gegenwart für die Zukunft lernen von Sigrun Mittl. Verlag: Haupt Verlag, Zweite korrigierte Auflage 2022, 288 S. ISBN 978-3-258-08296-7

Als ich dieses ansprechend aufgemachte Werk zum ersten Mal durchblätterte, bevor ich mich an die gründliche Lektüre machte, fiel mir kein anderes gedrucktes und erstmals in deutscher Sprache erschienenes  Buch ein, das in die gleiche Klasse gehört. Mittls Buch ist in erster Linie eine streng evidenzbasierte Kritik an der modernen Imkerei, die sich auf die Gesundheit der Honigbienen konzentriert, mit Empfehlungen, wie man sie verbessern kann. Ich fragte mich, ob ich ein anderes Buch dieser Art in derselben Klasse übersehen hatte, d. h. ein Buch, das vollständig mit Referenzen belegt ist, und durchstöberte die deutsche Website eines bekannten Buchhändlers. Es erschienen mehrere möglicherweise relevante Titel. Ich schließe hier Tom Seeleys ausgezeichnetes „Das Leben wilder Bienen: Wie Honigbienen in der Natur überleben“, das im Ulmer Verlag erschienen ist, und das, obwohl es reich an Beweisen zur Verbesserung der Bienengesundheit ist, eine Übersetzung aus dem Englischen ist. Damit blieben mir fünf Kandidaten für Imkereibücher, die alle im Ulmer Verlag erschienen sind und sich auf unterschiedliche Weise mit Bienengesundheit (Wolfgang Ritter, zwei), Bienenfreundlichkeit (Manfred Schmitz), Nachhaltigkeit (Undine Westphal) oder Artenschutz (Torben Schiffer) beschäftigen.

Mittls Buch hebt sich aber durch zwei relevante Hauptmerkmale von den anderen ab. Zum einen widmet sie etwas mehr als das erste Drittel des Buches einer historischen Betrachtung der Evolution von Mensch und Honigbiene, von den oligozänen Ursprüngen der Honigbiene und den wahrscheinlichen ersten Begegnungen des Homo sapiens mit ihr vor etwa zwei Millionen Jahren (Teil 1) über die relativ nachhaltige Bienenhaltung vor etwa 1850 (Teil 2) bis hin zu deren Intensivierung und der daraus resultierenden Zunahme von Bienenkrankheiten (Teil 3). Dies ist eindeutig Teil des „Lernens aus der Vergangenheit“, wie es im Untertitel des Buches heißt.

Das zweite Hauptmerkmal, das mir das Buch am eindringlichsten empfohlen hat, ist die rigorose Analyse der Herausforderungen durch Stress, Krankheiten und Schädlinge für die Bienen, und die Möglichkeiten, sie zu lindern oder zu beseitigen. Der Rest des Buches ist voll von wissenschaftlichen oder anderen Referenzen auf die Bienenliteratur, wobei die bibliographischen Daten auf dreizehn Seiten am Ende aufgeführt sind. Mittl ist es offensichtlich gewohnt, wissenschaftlich zu schreiben und es gelingt ihr, einen polemischen Stil zu vermeiden. Die mehr als fünfzehn Seiten mit wörtlichen Zitaten anderer Autoren mögen ein wenig übertrieben erscheinen, aber da mehrere davon Warnungen von Imkern aus früheren Jahrzehnten vor Verfahren enthalten, die die Biene nicht respektieren, tragen sie zu unserem „Lernen aus der Vergangenheit“ bei.

In Teil 4 werden drei Herausforderungen für die Bienengesundheit – Faulbrut, Nosema und Varroa – im Hinblick auf die gleichen sieben Strategien untersucht, die von Imkern im Laufe der Jahrzehnte mit unterschiedlichem Erfolg ausprobiert wurden: 1. Ausrottung des Feindes; 2. Erhöhung der Resistenz durch Kombinationszucht; 3. Erhöhung der Resistenz durch natürliche Selektion am Bienenstand; 4. Erhöhung der Resistenz durch selektive Zucht am Bienenstand; 5. Verbot der Einfuhr von Bienen/Königinnen und der Wanderimkerei; 6. Vermeidung ungünstigerer Imkereipraktiken; 7. die Strategie der Natur. Es wird im gesamten Buch sehr deutlich, welches Ende dieses Spektrums Mittl favorisiert, nämlich das der Natur. Im Falle der Varroa wird diese Strategie durch die verschiedenen Fälle erfolgreicher behandlungsfreier Bienenvölker, sowohl bewirtschafteter als auch nicht bewirtschafteter, veranschaulicht, die der natürlichen Selektion unterliegen und dennoch in Gegenwart der Varroa überleben.

Der nächste Teil ist der „Kraft der Natur“ mit ihrem „Geheimnis der natürlichen Selektion“ gewidmet. Hier werden viele Faktoren vorgestellt, die sich auf die Gesundheit und das Überleben der Bienen auswirken: die Dichte des Bienenvolkes, der Umgang mit der positiven Wirkung des Schwärmens, die Virustoleranz, die Pflege, das Hygieneverhalten, die Unterdrückung der Vermehrung von Milben, die Kontrolle der Temperatur/Luftfeuchtigkeit durch das Bienenvolk, das Wiederverschließen der Zellen, kleinere Hohlräume (Bienenstöcke), die Pollenernährung, die Fütterung mit Honig anstelle von Zuckersirup, die Maximierung der Propoliseinlagerung und die Anpassung an den Standort. Hinzu kommen wichtige Themen, die an anderer Stelle in diesem Buch behandelt werden, wie die Vermeidung der horizontalen Übertragung von Krankheitserregern (Verschieben von Brutwaben zwischen Bienenvölkern), die Minimierung der Öffnung von Bienenvölkern, das Zulassen von Stabilbau (Nestduftwärmebindung) anstelle der Nutzung von Rähmchen, der Verzicht auf Absperrgitter und die Vermeidung der künstlichen Königinnenzucht. Viele dieser Faktoren wurden in meinem Buch The Bee-friendly Beekeeper (Der bienenfreundliche Imker) erörtert, und angesichts der Tatsache, dass seit seiner Veröffentlichung im Jahr 2011 zehn Jahre vergangen sind, wäre es nützlich, Mittls Buch auch auf Englisch zur Verfügung zu haben. Ihr Buch profitiert von der in den letzten zehn Jahren veröffentlichten Bienenforschung, von der ein nicht unerheblicher Teil ihren natürlichen oder naturnahen Ansatz wissenschaftlich untermauert. Außerdem würde das Buch eine viel breitere Leserschaft erreichen.

Mittl denkt, dass man nicht einfach mit dem Behandeln gegen die Varroa aufhören kann, da es unverantwortlich wäre. An diesem Punkt muss ich Mittls Ansicht widersprechen. In meiner Region in Nordwales haben ich und die meisten anderen Imker die Behandlung gestoppt, mit dem Ergebnis geringer und tolerierbarer Winterverluste. Mittl argumentiert, dass diese Strategie nur dann verantwortungsvoll angewandt werden kann, wenn die eigenen Bienenvölker mindestens 6 km von anderen entfernt sind und wenn stark befallene Bienenvölker künstlich vernichtet werden. Dies ist zwar für eine Region wie Deutschland verständlich, wo die Behandlung gegen Varroa obligatorisch ist und daher die nahegelegenen Bienenvölker höchstwahrscheinlich die von Behandlern sind, aber in einer Region, in der die meisten Imker behandlungsfrei arbeiten, wäre es unverantwortlich, behandelte Bestände zu halten, da dies das Risiko einer genetischen Verunreinigung der Bestände von Nicht-Behandlern mit sich bringen würde. Die Einstellung der Behandlung ist Teil dessen, was mehrere Autoren als „darwinistische Imkerei“ bezeichnet haben, und sie beinhaltet implizit, dass man seine Bienen der weisen Hand der natürlichen Selektion aussetzt. Mittls „verantwortungsbewusstes“ Vorgehen ist eine künstliche und keine natürliche Selektion. Glücklicherweise hat sich in meiner Region niemand Mittls 6-km-Regel angewandt, wodurch die behandlungsfreie Bienenhaltung hier recht schnell weit verbreitet war.

Ich fand das Buch in mancher Hinsicht etwas repetitiv, z.B. als ich zum zwölften Mal über die horizontale Erregerübertragung lesen musste, oder die lange Passage von Zander (1910), die ich auf Seite 117 und noch einmal auf Seite 126 gelesen habe. Aber das bewährte Diktum „Sag’s ihnen, sag’s ihnen noch einmal, und sag ihnen, dass du’s ihnen gesagt hast“ wird zu Recht auf die wichtigen Themen angewendet, die in diesem Buch behandelt werden. Ich schließe mit einem kurzen Zitat des berühmten Bienenpathologen Leslie Bailey (1922-2017), das meiner Meinung nach Mittls Haltung beim Schreiben ihres Buches auf den Punkt bringt: „Imkerei ist heute noch das, was sie immer war: die Ausbeutung von Völkern eines wilden Insekts; die beste Imkerei ist die Fähigkeit, sie auszubeuten und gleichzeitig so wenig wie möglich in ihre natürlichen Neigungen einzugreifen.“

 

Und hier noch die Rezensionen auf amazon zur 1. Auflage

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